NewsMedizinDarmkrebsvorsorge: US-Leitlinie sieht Alternativen zur Koloskopie
Als E-Mail versenden...
Auf facebook teilen...
Twittern...
Drucken...

Medizin

Darmkrebsvorsorge: US-Leitlinie sieht Alternativen zur Koloskopie

Donnerstag, 16. Juni 2016

dpa

Washington - Die United States Preventive Services Task Force (USPSTF), ein vom US-Gesundheitsministerium eingesetztes Expertengremium, betrachtet in einer neuen Empfehlung die Koloskopie im 10-Jahresintervall nicht als einzige effektive Form der Darmkrebsvorsorge. Als vergleichbare Alternativen gelten erstens eine Sigmoidoskopie mit jährlichem immunchemischem Stuhltest, zweites eine CT-Koloskopie im 5-Jahres­intervall und drittens ein jährlicher immunchemischer Stuhltest auf okkultes Blut. Alle vier Strategien erzielen nach einer Modellsimulation eine vergleichbare Effektivität.

Für die meisten Gastroenterologen ist die Koloskopie die effektivste Methode, um einen Darmkrebs im Frühstadium zu erkennen oder durch Entfernen verdächtiger Polypen zu entfernen. „Die komplette qualitätsgesicherte Koloskopie besitzt die höchste Sensitivität und Spezifität für das Auffinden von Karzinomen und Adenomen und sollte daher als Standardverfahren für die KRK-Vorsorge/-Früherkennung eingesetzt werden“, heißt es in der aktuellen deutschen S3-Leitlinie. Diese Empfehlung kann sich genau genommen nicht auf eine randomisierte klinische Studie stützen. Dieser „Goldstandard“ der evidenz-basierten Medizin wurde bisher nur für den Guajak-Test und für die flexible Sigmoidoskopie durchgeführt.

Jennifer Lin von Kaiser Permanente Northwest in Portland und Mitarbeiter fassen die Studienlage in ihrem Evidenzreport im US-amerikanischen Ärzteblatt (JAMA 2016; 315: 2576-2594) zusammen. Danach senkt die flexible Sigmoidoskopie die Darmkrebs­mortalität um 27 Prozent (Inzidenzrate 0,73, 95-Prozent-Konfidenzintervall 0,66 bis 0,82). Ein über 20 Jahre regelmäßig wiederholter Guajak-Test reduzierte die Darmkrebsmortalität um 22 Prozent (relatives Risiko 0,78; 0,65-0,93), was ein vergleichbarer Wert ist.

Zur Koloskopie und zur CT-Koloskopie gibt es nur Daten zur Detektionsrate von Adenomen. Die „virtuelle“ CT-Koloskopie erreicht dabei für Adenome ab einer Größe von 6 Millimetern durchaus vergleichbare Werte wie eine „echte“ Endoskopie. Die Qualität der CT-Koloskopie könne jedoch schwanken. Sie ist unter anderem von der Darmreinigung abhängig. Die CT-Koloskopie erspart vielen Patienten die Endoskopie, die mit einem geringen Risiko von Perforationen (4/10 000 Verfahren) und schweren Blutungen (8/10 000 Verfahren) verbunden ist. Sie belastet ihn allerdings mit einer gewissen Strahlendosis, die Lin pro Untersuchung 1 bis 7 mSv angibt.

Wie sich die Daten auf unterschiedliche Screening-Szenarien auswirken, hat ein Team um Ann Zauber vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York am Computer ausgerechnet (JAMA 2016; 315: 2595-2609). Dabei wurden neben dem Guajak-Test die inzwischen bevorzugten immunchemischen Stuhltests und ein DNA-Stuhltest berücksichtigt.

Die Sigmoidoskopie wurde als Einzeluntersuchung oder in Kombination mit Guajak-Test oder immunchemischen Stuhltests untersucht. Mit der Koloskopie und der CT-Koloskopie ergibt dies acht unterschiedliche Vorsorgeuntersuchungen, die mit unterschiedlichem Alter beim ersten und letzten Screening und mit verschiedenen Intervallen in insgesamt 217 Szenarien durchgerechnet wurden.

Ein Endpunkt war die Belastung („burden“) durch die im Verlauf des Lebens notwen­digen Koloskopien. Am geringsten war die Belastung bei Stuhluntersuchungen, die im Alter von 55 bis 75 Jahren alle drei Jahre wiederholt werden. Auf 1.000 Personen kommen hier 900 Koloskopien, wenn bei jedem positiven Stuhltest eine Kontroll-Koloskopie veranlasst wird. Am höchsten wäre die Belastung bei einer alle fünf Jahre wiederholten Vorsorge-Koloskopie im Alter von 45 bis 85 Jahren. Auf 1.000 Personen kämen dann 7.500 Koloskopien. 

Die Vorteile der Darmkrebsprävention misst Zauber in der Zahl der gewonnen Lebensjahre (LYG). Sie beträgt bei einer Koloskopie in Intervallen von 10 Jahren 270 LYG, bei einer Sigmoidoskopie in Intervallen von 10 Jahren plus jährlichen immunchemischen Stuhltests 256 LYG. Bei einer CT-Koloskopie in Intervallen von fünf Jahren wären es 248 LYG und bei jährlichen immunchemischen Stuhltests 244 LYG. Das Risiko, im Verlauf des Lebens am Darmkrebs zu sterben, wird den Berechnungen Zaubers zufolge durch Vorsorge-Koloskopien im Abstand von zehn Jahren um 87 Prozent gesenkt. Bei Sigmoidoskopien im Abstand von 10 Jahren plus jährlichen immunchemischen Stuhltests beträgt die Reduktion 85 Prozent, bei CT-Koloskopie im Abstand von fünf Jahren 82 Prozent und bei jährlichen immunchemischen Tests 81 Prozent.

Diese vier Varianten werden in der Empfehlung des USPSTF als gleichwertig bezeichnet (JAMA 2016; 315: 2564-2575). Den DNA-Test, der mehrere Tumorgene im Stuhl aufspürt, schätzt das Team um Kirsten Bibbins-Domingo von der Universität von Kalifornien in San Francisco derzeit als weniger effizient ein. Auch der Guajak-Test und eine alleinige Sigmoidoskopie werden – obwohl sie die einzigen Methoden sind, deren Effizienz durch randomisierte Studien belegt sind – als unterlegene Screening-Methoden bezeichnet.

© rme/aerzteblatt.de

Kommentare

Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.
LNS
LNS LNS

Fachgebiet

Stellenangebote

    Weitere...

    Aktuelle Kommentare

    Archiv

    NEWSLETTER