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Politik

Experten befürworten stärkere Planung stationärer Leistungen

Freitag, 17. Juni 2016

dpa

Berlin – Mit dem Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) ist die Bundesregierung unter anderem angetreten, um Krankenhäuserverbünde bei der Schließung einzelner Häuser oder Abteilungen finanziell zu unterstützen. Heute haben Krankenhäuser bei der Zentralisierung von Verbundstrukturen die größten Probleme mit den Krankenkassen und den Patienten. Das berichtete Barbara Schulte, Geschäftsführerin Finanzen und Infrastruktur im Klinikum Region Hannover, vergangene Woche auf dem Hauptstadt­kongress in Berlin.

„Wir haben eine Geburtshilfe geschlossen und wollen stattdessen die Neurologie und Neurochirurgie in unserem Verbund stärken“, sagte Schulte. In den Budgetver­handlun­gen mit den Krankenkassen sei es aber schwierig, das dafür notwendige Geld zu erhalten. Zudem habe der Verbund zwei Krankenhäuser in einem Neubau zusammenge­führt. „Und jetzt haben wir eine Diskussion mit den Kostenträgern, weshalb wir in diesem Haus nicht sofort auf 100 Prozent gegangen sind“, berichtete Schulte.

Bevölkerung vom Sinn einer Zentralisierung überzeugen
Problematisch sei zudem, dass alle Häuser des Verbunds ein eigenes Budget hätten, das einzeln mit den Krankenkassen verhandelt werden müsse. „Wir haben mit den Kassen bislang keinen gemeinsamen Weg gefunden, wie wir den Abbau der Über­kapazitäten sinnvoll in den Budgets abbilden können“, sagte Schulte.

Diskussionen habe es auch mit den Patienten gegeben. „Das war schon eine besondere Erfahrung, den Menschen in einer Bürgerversammlung zu erklären, dass es gut ist, wenn ein Krankenhaus geschlossen wird und die dort erbrachten Leistungen verlagert werden“, erinnerte sich Schulte. „Wir haben es bisher nicht geschafft, die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass eine Konzentration aus medizinischer Sicht hilfreich ist.“ Auch Krankenhauspolitiker der Länder müssten hier mutiger werden und einen Abbau von Strukturen im Krankenhausplan vorsehen.

„Der Mengenanstieg ist komplett nachvollziehbar“
Mit dem KHSG soll auch die Finanzierung bestimmter stationärer Leistungen finanziell durch Zuschüsse verbessert werden, zum Beispiel in Zentren erbrachte Leistungen oder die Vorhaltung einer Notfallversorgung. Das sähen die Universitätskliniken „verhalten positiv“, erklärte Gabriele Sonntag, kaufmännische Direktorin des Universitätsklinikums Tübingen. Aus den Fallpauschalen erhielten Maximalversorger für Regelleistungen heute in jedem Fall zu wenig Geld.

„Wir haben immer dafür gekämpft, dass es ein Gutachten über die Versorgung an Maximalversorgern gibt. Jetzt gibt es den Extremkostenbericht, der zeigt, dass Unikliniken in der Regelversorgung unterfinanziert sind, und trotzdem ist nichts passiert. Das ist schon sehr bitter“, betonte Sonntag.

Zudem kritisierte sie die Einführung des Fixkostendegressionsabschlags, der ab 2017 die Mehrleistungsabschläge ersetzen wird. Allen Krankenhäusern, die mehr Leistungen als zuvor vereinbart erbracht haben, soll dabei der Anteil der fixen Kosten an einer Fallpauschale bei allen abgerechneten Mehrleistungen abgezogen werden. „Mit dem Fixkostendegressionsabschlag werden die Krankenhäuser bestraft, die einen Mengen­an­stieg haben“, sagte Sonntag. „Der Mengenanstieg in den Universitätskliniken ist aber komplett nachvollziehbar, weil es eine immer stärkere Zentralisierung gibt und immer mehr spezielle Fälle in die hochspezialisierten Zentren kommen. Wir werden deshalb auch weitere Mengeneffekte haben.“

„Qualitätsoffensive wird zu mehr Bürokratie führen“
Schulte vom Klinikum Region Hannover prognostizierte, dass die Qualitätsoffensive der Bundesregierung zu noch mehr Bürokratie an den Kliniken führen werde: „Die Qualität der Behandlung ist die zentrale Kernkompetenz der Krankenhäuser. Dafür benötigen wir kein KHSG“, betonte sie. Zudem gebe es bereits heute durch die externe stationäre Qualitätssicherung ein hohes Maß an Qualitätstransparenz im Krankenhaussektor. Schon heute würden hierfür Millionen von Datensätzen erhoben und ein großer Aufwand betrieben. „Ich glaube, dass das KHSG nicht dazu beitragen wird, das zu entschlacken“, sagte Schulte. Stattdessen werde sich der Aufwand für die Krankenhäuser durch das KHSG noch erhöhen.

Dabei sei das Ergebnis der externen stationären Qualitätssicherung, dass es in 99,94 Prozent der Fälle keine Auffälligkeiten gebe. „Da frage ich mich schon: Warum will man das noch weiter intensivieren? Viele in der Industrie wären stolz, wenn sie ein solches Ergebnis vorweisen könnten“, betonte Schulte.

Krankenhausplanung sollte stärker bundesweit gesteuert werden
Der Vorstandsvorsitzende der DAK, Herbert Rebscher, sprach sich dafür aus, mehr zu steuern, in welchen Krankenhäusern schwere Eingriffe vorgenommen werden. „Die Krankenhäuser sollten sich auch fragen: Können wir es uns leisten, gegen alle Empfehlungen in unserem Haus einen sehr komplizierten Eingriff wie eine katheter­gestützte Aortenklappentransplantation anzubieten“, sagte er. Heute arbeiteten manche Krankenhäuser nach dem Motto: „Gebt uns nur genug Geld für eine Leistung, dann bieten wir sie auch noch an.“ Man brauche aber nicht noch mehr Geld für Operationen auszugeben, die besser an anderen Krankenhäusern durchgeführt würden.

Auch Sonntag vom Uniklinikum Tübingen meinte: „Wenn man sich die Steigerung der Krankenhauskosten der letzten Jahre ausschaut, sieht man, dass wir in diesem Bereich schon genug Geld ausgeben. Es muss aber auch an den richtigen Stellen ankommen.“ Sie sprach sich für „eine stärkere bundesweit gesteuerte Planung“ aus, die auch über Ländergrenzen hinweg reiche. © fos/aerzteblatt.de

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