Medizin
HIV: Studie erlaubt Kindern und Teenagern Pillenpause am Wochenende
Dienstag, 21. Juni 2016
London – Kinder, die sich vor oder nach der Geburt bei ihrer Mutter mit HIV infiziert haben, müssen lebenslang antiretrovirale Medikamente einnehmen, was vor allem Jugendlichen schwer fällt. Eine weltweite Studie, deren Ergebnisse jetzt in Lancet HIV (2016; doi: 10.1016/ S2352-3018(16)30054-6) publiziert wurden, bietet den Patienten die Option auf medikamentenfreie Wochenenden.
An der BREATHER-Studie (BREaks in Adolescent and child THerapy using Efavirenz and two nRtis) haben zwischen April 2011 und Juni 2013 insgesamt 199 Kinder aus 11 Ländern teilgenommen, die sich zumeist bei ihrer Mutter infiziert haben. Die Teilnehmer waren zu Beginn der Studie zwischen 8 und 24 Jahre alt und die meisten hatten seit mehreren Jahren antiretrovirale Medikamente eingenommen. Bedingung für die Teilname war eine stabile Virussuppression unter der Behandlung mit Efavirenz plus zwei nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitoren. Die Patienten wurden auf eine Fortsetzung der kontinuierlichen Therapie oder auf einen „5 plus 2“-Zyklus randomisiert, der Medikamentenpausen am Wochenende vorsah.
Das Therapieziel war es, die Viruslust auf unter 50 Kopien/ml zu halten. Dies wurde unter der kontinuierlichen Therapie von sieben von 100 Patienten verfehlt. In der Vergleichsgruppe kam es bei sechs von 99 Patienten zu einem Anstieg über den Grenzwert. Der Unterschied von 1,2 Prozentpunkten war nicht signifikant, und da die Grenzen des 95-Prozent-Konfidenzintervalls von minus 7,3 bis plus 4,9 Prozentpunkten unter dem Non-Inferioritätskriterium lagen, sind beide Einnahmeschemata aus Sicht von Studienleiterin Anna Turkova vom University College London gleichwertig.
Die regelmäßigen Therapieunterbrechungen bringen nicht nur Ordnung in das häufig chaotische Einnahmeverhalten (gerade am Wochenende sind viele Jugendliche nicht adhärent). Die Unterbrechungen könnten auch die Toxizität der Behandlung abschwächen.
Tatsächlich kam es in der Zyklustherapie-Gruppe nur zu zwei medikamentenbedingten unerwünschten Ereignissen (eine Gynäkomastie und ein Spontanabort), während unter der kontinuierlichen Therapie 14 Ereignisse auftraten: Fünf Mal kam es zu einer Lipodystrophie, zweimal zu einer Gynäkomastie, ein Patient entwickelte Suizidgedanken, je ein Patient klagte über Schwindel, Kopfschmerz oder Synkopen. Einmal kam es zu einer spontanen Fehlgeburt, einmal zur Neutropenie und zweimal zu erhöhten Transaminasewerten.
Aufgrund der Teilnahme von Patienten aus vier Kontinenten können die Ergebnisse generalisiert werden. Die Zyklustherapie sollte dennoch nur bei Patienten eingesetzt werden, die unter der bisherigen Therapie eine zuverlässige Virussuppression erzielt haben, schreibt Rashida Ferrand von der London School of Hygiene and Tropical Medicine im Editorial.
Eine wichtige Einschränkung ergibt sich aus der angesichts der lebenslang notwendigen Therapie doch recht kurzen Studiendauer von 48 Wochen. Die BREATHER-Studie wurde deshalb um zwei Jahre verlängert. Erste Ergebnisse der Studie waren auf der Tagung CROI 2015 in Seattle vorgestellt worden. © rme/aerzteblatt.de

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