Medizin
Lateinamerika: Zika-Virus erhöht Nachfrage nach Abtreibungspillen
Samstag, 25. Juni 2016
Princeton – Die Zika-Epidemie hat in Lateinamerika, wo ein legaler Abbruch in den meisten Ländern nicht möglich ist, die Nachfrage nach Abtreibungspillen aus dem Internet gesteigert, wie eine Studie im New England Journal of Medicine (2016; doi: 10.1056/NEJMc1605389) zeigt.
Die Angst vor der Geburt eines Kindes mit Mikrozephalie oder anderen schweren Fehlbildungen, weckt bei vielen Schwangeren in Lateinamerika den Wunsch, ihre Schwangerschaft frühzeitig zu beenden. Dies ist in den meisten Ländern Südamerikas jedoch nicht legal möglich. Die Folge ist eine hohe Rate von illegalen Abtreibungen. Das Guttmacher Institute, eine Nicht-Regierungsorganisation aus New York, schätzt, dass in Mittel- und Südamerika jährlich 6,5 Millionen Frauen eine Schwangerschaft illegal beenden (was in 750.000 Fällen zu schweren Komplikationen führt).
Eine aus medizinischer Sicht relativ sichere Methode ist die Einnahme des Progesteron-Rezeptorantagonisten Mifepriston. Das Mittel ist in den betroffenen Ländern ebenfalls illegal. Einige Frauen beschaffen sich das Mittel jedoch über das Internet. Einer der Anbieter ist „Women on Web“ aus Amsterdam in den Niederlanden. Dort ist es, wie eine Untersuchung von James Trussell von der Woodrow Wilson School of Public and International Affairs in Princeton zeigt, in den letzten Monaten zu einer vermehrten Nachfrage aus Lateinamerika gekommen.
Trussell unterscheidet drei Gruppen. Zur ersten Gruppe gehören Länder wie Brasilien, Kolumbien oder Venezuela. Dort hat sich das Zikavirus in den letzten Monaten ausgebreitet und die Regierungen haben den Frauen empfohlen, vorerst auf eine Schwangerschaft zu verzichten. Die Nachfrage nach Mifepriston ist dort teilweise um 100 Prozent oder mehr gestiegen.
Zur zweiten Gruppe gehören Länder wie Argentinien und Peru. Dort ist es bisher noch nicht zu einer autochthonen Übertragungen des Zika-Virus gekommen. Gleichwohl ist die Nachfrage nach Mifepriston bereits leicht angestiegen. Interessanterweise ist es in einer dritten Gruppe noch zu keinem Anstieg gekommen: Zu ihnen gehört beispielsweise die Dominikanische Republik.
Dort hat sich das Zikvirus bereits ausgebreitet und die US-Centers for Disease Control and Prevention raten Schwangere von einer Reise in das Land ab. Dennoch ist die Nachfrage nach Mifepriston noch nicht angestiegen (es kam sogar zuletzt zu einem Rückgang um 20 Prozent). Gleiches gilt für Mexiko und seine südlichen Anrainer-Staaten. Der Unterschied zu den Ländern der ersten Gruppe besteht darin, dass die Regierungen in diesen Ländern noch keine Warnungen ausgegeben haben (ganz im Gegensatz zu der US-Behörde).
Insgesamt ist die Nachfrage bei Women on Web gering. Aus Brasilien trafen nur etwa tausend Bestellungen ein. Der Anteil an allen illegalen Abtreibungen in dem Land ist deshalb minimal. Die Untersuchung ist jedoch ein Indikator für einen steigenden Bedarf. © rme/aerzteblatt.de

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