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Medizin

PET ermöglicht Deeskalation bei fortgeschrittenen Hodgkin-Lymphom

Samstag, 25. Juni 2016

London – Bei Patienten im fortgeschrittenen Stadium eines Hodgkin Lymphoms kann die Standard-Chemotherapie zurückgefahren werden, wenn nach den ersten beiden Zyklen in der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) keine Tumorzellen mehr sichtbar sind. Die Deeskalation kann Lungenschäden durch das Zytostatikum Bleomycin vermeiden, wie die Ergebnisse einer randomisierten Studie im New England Journal of Medicine (2016; 374: 2419-2429) zeigen.

Mit Heilungsraten von 70 bis 80 Prozent war die Chemotherapie mit Doxorubicin, Bleomycin, Vinblastin und Dacarbazin (ABVD) lange Zeit die Standardbehandlung beim fortgeschrittenen Hodgkin-Lymphom. Inzwischen wird vielfach (so auch in der aktuellen deutschen Leitlinie) eine Chemotherapie mit Bleomycin, Etoposid, Doxorubicin, Cyclophosphamid, Vincristin, Procarbazin und Prednison (BEACOPP) bevorzugt.

Die 5-Jahres-Überlebensraten sind nach jüngsten Studien um 5 bis 10 Prozent höher, doch der Preis ist eine deutlich erhöhte Toxizität. Neben einer regelmäßigen Infertilität kommt es bei fasst allen Patienten zu einer Fatigue, und das Risiko von sekundären Krebserkrankungen ist erhöht. Auch die ABVD-Chemotherapie hat in früheren Studien bei 6 Prozent der Patienten Lungenschäden ausgelöst, die bei 3 Prozent tödlich endeten. Verantwortlich ist Bleomycin.

Eine internationale Studie hat jetzt untersucht, ob die Chemotherapie bei Patienten, die auf die ersten Zyklen einer ABVD ansprechen, im weiteren Verlauf begrenzt werden kann. Als Entscheidungskriterium diente eine PET (heute in der Regel in Kombination mit einer CT als PET-CT), die nach den ersten beiden ABVD-Zyklen durchgeführt wurde. Bei 937 von 1.135 Patienten, die an 138 Zentren in Europa (ohne deutsche Beteiligung) und Australien behandelt wurden, war in der PET-CT kein Tumor mehr nachweisbar. Da dies keine Heilung anzeigt, wird die Chemotherapie fortgesetzt. Doch bei der Hälfte der Patienten wurde auf die Bleomycin-Komponente des ABVD-Regimes verzichtet. Diese Patienten wurden mit AVD weiterbehandelt.

Die Auswirkungen der Deeskalation auf die Prognosen der Patienten waren gering. Das progressionsfreie Überleben nach 3 Jahren verschlechterte sich von 85,7 Prozent mit ABVD auf 84,4 Prozent mit AVD. Die 3-Jahres-Überlebensrate war mit 97,2 und 97,6 Prozent nahezu identisch.

Das progressionsfreie Überleben nach 3 Jahren war der primäre Endpunkt der Studie, und Peter Johnson, Universität Southampton, und Mitarbeiter hatten vor Beginn der Studie eine Non-Inferioritätsgrenze mit 5 Prozent festgelegt. Die Differenz zwischen beiden Gruppen war mit 1,6 Prozentpunkten geringer. Bei Non-Inferioritätsstudien zählte jedoch das obere Ende des 95-Prozent-Konfidenzintervall (also der ungünstigste Ausgang der Behandlung). Das 95-Prozent-Konfidenzintervall reichte jedoch von 3,2 bis 5,3 Prozent. Damit hat die Studie ihr Ziel, eine Non-Inferiorität von AVD nach negativem PET-CT zu beweisen, nicht erreicht. Die nahezu identische 3-Jahres-Überlebensrate ist jedoch für Johnson ein gutes Argument, eine Gleichwertigkeit anzunehmen.

Interessanterweise war die Toxizität von Bleomycin geringer als erwartet. Nur ein Pro­zent der Patienten erkrankten an einer schweren Pneumonitis. Es kam aber mit 3 Prozent versus ein Prozent häufiger zu Nebenwirkungen an den Atemwegen und auch die Diffusionskapazität für CO2 verschlechterte sich unter der Bleomycin-Therapie. Dies sind gute Argumente, auf diese für die Lungen toxische Substanz zu verzichten, zumal die meisten Patienten jung sind (medianes Alter 32 Jahre) und viele Jahre unter den Folgen der Therapie zu leiden hätten.

Die 182 Patienten, bei denen nach den ersten beiden Zyklen noch Tumormassen im PET-CT erkennbar waren, wurden mit BEACOPP oder BEACOPP-14 (eine beschleu­nigte Chemotherapie mit Unterstützung von Wachstumsfaktoren) behandelt. Es gab hier keine Randomisierung und auch keine Vergleichsgruppe mit ABVD-Chemotherapie. Die progressionsfreie Überlebensrate von 67,5 Prozent nach 3 Jahren zeigt jedoch an, dass diese Patienten vermutlich die effektivere Chemotherapie benötigen und eine Gesamtüberlebensrate von 87,8 Prozent zeigt, dass die meisten damit ein gutes Ergebnis erzielen.

Dennoch bleibt Raum für weitere Verbesserungen. Mit Spannung werden derzeit die Ergebnisse einer Phase 3-Studie erwartet, in der Patienten mit fortgeschrittenem Hodgkin-Lymphom mit einer Kombination aus Brentuximab-Vedotin plus AVD behandelt werden. Das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Brentuximab-Vedotin bindet an den CD30-Rezeptoren der Tumorzelle und setzt dann das Zytostatikum Monomethyl-Auristatin frei, das die Zellen gezielt abtöten soll. Es wird derzeit nur als „Salvage“-Therapie nach dem Versagen von mindestens zwei anderen Therapien (oder nach Stammzelltherapien) zugelassen, wo es die Behandlungsergebnisse verbessert hat. Die Phase 3-Studie soll erkunden, ob es auch in der Primärtherapie die Behandlungsergebnisse verbessert. © rme/aerzteblatt.de

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