Ausland
Afghanischer Präsident ordnet Untersuchung zu Knabenmissbrauch an
Mittwoch, 29. Juni 2016
Kabul – Der afghanische Präsident Aschraf Ghani hat eine „sorgfältige Untersuchung“ zum Knabenmissbrauch durch Polizeikräfte angeordnet. Die Verantwortlichen solcher Praktiken müssten „unabhängig von ihrem Dienstgrad“ bestraft werden, forderte Ghani in einer bereits am Sonntag vom Präsidialamt veröffentlichten Erklärung. Zuvor waren von den Polizeikräften missbrauchte Jungen von den radikalislamischen Taliban in der Provinz Urusgan als Helfer bei Anschlägen eingesetzt worden, bei denen hunderte Polizisten getötet wurden.
Die Praxis des Knabenmissbrauchs, die unter dem Begriff „batscha basi“ (Spiel mit Jungen) bekannt ist, besteht darin, Jungen vor der Pubertät als Helfer und Sexsklaven einzusetzen. Die Opfer müssen Tee servieren, Waffen tragen, sich oftmals als Frauen verkleiden und werden in vielen Fällen vergewaltigt. Befragungen von zahlreichen Überlebenden von Anschlägen und von Amtsträgern ergaben, dass die missbrauchten Jungen von den Taliban als eine Art Trojanische Pferde eingesetzt wurden, um mit ihren Insiderkenntnissen Anschläge auf Sicherheitskräfte zu verüben.
Ghani ordnete nun an, die Verantwortlichen des Knabenmissbrauchs entsprechend dem afghanischen Recht und „den internationalen Verpflichtungen“ des Landes zu bestrafen. Die US-Botschaft in Kabul verurteilte „jedweden Missbrauch der beschriebenen, abscheulichen Art“. Das afghanische Innenministerium verurteilte „batscha basi“ innerhalb der Polizei als „schwerwiegendes Verbrechen“.
Die afghanische Menschenrechtskommission (AIHRC) beklagte in einem Bericht aus dem Jahr 2014, dass es im afghanischen Recht zwar ein Verbot von Vergewaltigung und Pädophilie gebe, das Problem des Knabenmissbrauchs aber „nicht hinreichend erfasst“ werde. Die Opfer erlitten „schwere psychologische Traumata“ - und es gebe Hinweise, dass viele von ihnen im späteren Leben selbst Knaben missbrauchten.
Es gebe bislang „keine Initiativen“, die betroffenen Kinder aus den Händen der Täter zu befreien, sagte Charu Lata Hogg vom Londoner Institut Chatham House. Dies sei „ein schweres Versagen der afghanischen Regierung“. Michael Kugelman vom Woodrow Wilson Center wies darauf hin, dass ausländische Geber über den Missbrauch nicht hinwegsehen könnten: „Kein Geber kann guten Gewissens Polizeikräfte bezuschussen, die sich an solchen abscheulichen Praktiken beteiligen.“ © afp/aerzteblatt.de

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