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Politik

GMK: Neue Ansätze in der Gesundheitsver­sorgung nötig

Mittwoch, 29. Juni 2016

Zwei Tage lang dreht sich im Hotel-Neptun in Rostock-Warnemünde alles um Gesundheitspolitik. /dpa

Rostock-Warnemünde – In Rostock-Warnemünde an der Ostsee ist heute die 89. Ge­sundheits­ministerkonferenz (GMK) 2016 gestartet. Bis morgen wollen sich die Minister und Sena­toren der Länder unter anderem um Perspektiven des Öffentlichen Gesund­heits­dienstes, die medizinische Versorgung von Flüchtlingen, ein Berufsgesetz Osteo­pathie und eine Strategie zum weiteren Aufbau der Telematikinfrastruktur im Rahmen der Digitalisierung des Gesundheitswesens kümmern.

Auf der Agenda stehen darüber hinaus Brückenpraxen, Pflegebetrugsfälle, erweiterte Delegationsmöglich­keiten ärzt­licher Leis­tun­gen, Beiträge zur gesetzlichen Kranken­ver­sicherung (GKV) für Arbeits­lo­sen­geld-II-Empfänger und der „Masterplan Medizinstudium 2020“. Nicht alle Punkte sind bislang auf der offiziellen Tagesordnung der GMK aufge­führt.

Erste Ergebnisse
Die ersten Ergebnisse wurden bereits am späten Nachmittag bekannt. Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Birgit Hesse (SPD) erklärte am Rand der GMK, dass sich die Gesundheitsminister auf Schritte verständigt haben, den Öffent­lichen Gesundheits­dienst zu stärken. So sollen künftig Medizinstudierende schon an der Universität an das Berufsbild Amtsarzt herangeführt werden. Hesse hatte eine Initiative gestartet, um das Image von Amtsärzten zu verbessern. Ihrer Ansicht nach geht das in erster Linie mit einer besseren Bezahlung von Amtsärzten. Deren Gehalt liege immer noch deutlich unter dem von Klinikärzten, sagte sie. Es müsse sichergestellt werden, dass die Kommu­nen als Träger des Öffentlichen Gesundheitsdienstes in der Lage seien, für die notwendige personelle Ausstattung zu sorgen.

Im Jahr 2014 gab es nach früheren Angaben des Bundesverbands der Ärzte im Öffent­lichen Gesundheitsdienst (ÖGD) in Deutschland knapp 400 Gesundheitsämter, in denen rund 17.000 Mitarbeiter beschäftigt sind. Die Zahl der Ärzte sei seit 1995 um 33 Prozent auf 2.528 im Jahr 2014 zurückgegangen. Die Personalknappheit führe dazu, dass die gesetzlichen Aufgaben nur schwer zu erfüllen seien, sagte Hesse.

Nach Angaben des Landes Niedersachsen verständigten sich die Minister ebenso da­rauf, dass künftig gemeinsame Notfallambulanzen von Ärzteschaft und Kranken­häusern ermöglicht werden sollten. Darüber hinaus sollten Lücken im Patientenschluss ge­schlos­sen und Impfstoffhersteller dazu angehalten werden, Impfstoffe in ausreichen­der Menge auf dem deutschen Markt vorrätig zu halten. Weitere Ergebnisse sollen am morgigen Donnerstag vorgestellt werden.

Realität zwingt zum Umdenken
Die Länder – darunter etwa Schlewsig-Holstein, Rheinland-Pfalz, das Saarland oder Bayern – hatten sich bereits im Vorfeld der GMK zu ihren Initiativen geäußert. Gerade im länd­lichen Raum müssten neue Ansätze verfolgt werden, um die Versorgung zu sichern, betonte Kristin Ahlheit, Gesund­heitsministerin in Schleswig-Holstein (SPD). Dazu ge­hörten etwa medizinische Ver­sorgungszentren, Zweigstellen von Praxen, eine klein­teili­gere Bedarfsplanung, der Einsatz von Telemedizin, aber auch die Delegation ärztlicher Leistungen.

„Es geht dabei nicht mehr um die Frage, wer wem was zutraut. Vielmehr werden die sich verändernden Rahmenbedingungen dazu führen, dass sowohl seitens der Ärzteschaft als auch der Pflege- und Gesundheitsberufe ein Umdenken einsetzen wird, um die vorhandenen Kompetenzen optimal zu nutzen“, betonte sie. Die Realität zeige, dass nicht fehlende Mittel, sondern fehlende Menschen die größte Herausforde­rung in der Gesund­heitsversorgung seien.

Blankoverordnungen eine Thema
Die saarländische Gesundheitsministerin Monika Bachmann (CDU) hat drei Anträge einge­bracht. Sie fordert, dass Blankoverordnungen für Physio-, Ergotherapeuten und Logo­päden eingeführt werden. Dieser Vorschlag stieß schon im Vorfeld der Konferenz  auf breite Zustimmung und wurde in einen Referentenentwurf des Bundesge­sund­heitsminis­teriums eingearbeitet. „Unser Vorhaben ist es, nun gemeinsam mit Rheinland-Pfalz eine Modellregion zu schaffen, in der nach bereits bestehender ärzt­licher Untersuchung und Therapieempfehlung Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden eine Blanko­verordnung erhalten und entscheiden, wie viele Behandlungs­einheiten zur Behandlung und Gesundung notwendig sind. Damit wollen wir erfolgreich Neuland betreten“, sagte Bachmann.

„Zum anderen haben wir einen Antrag dahingehend formuliert, dass das Berufsbild des Osteopathen eine bundesgesetzliche Regelung erfährt“, sagte die Ministerin. Patienten wüssten oft nicht, welche Ausbildung ein Osteopath aufweise – ob er Mediziner mit Zusatzausbildung, ein Absolvent einer privaten Osteopathenschule oder ein Heilpraktiker oder Physiotherapeut mit Zu­satz­ausbildung sei. „Hier bedarf es einer Rechtsgrundlage, welche Qualifikation und welche Ausbildung ein Osteopath in Deutschland durchlaufen muss“, sagte Bachmann. Nach der aktuellen Rechtsgrundlage darf die Osteopathie nur mit Heilpraktiker-Erlaubnis praktiziert werden.

Darüber hinaus hat das Saarland federführend einen Antrag eingebracht, der die Aus­schluss­kriterien bei der Blutspende neu regeln soll. „Wir setzen uns dafür ein, dass der generelle Ausschluss von homo- und bisexuellen Männern von der Blutspende endlich aufgehoben wird“, sagte Bachmann. „Oberster Grundsatz bei der Blutspende ist und muss der Infektionsschutz für Empfänger von Blut und Blutprodukten bleiben“, sagte die Ministerin. „Gleichzeitig müssen wir aber einen Kompromiss finden, diese Personen­gruppe nicht zu diskriminieren.“

Finanzierung ein Thema für Bayern
Gesundheits­ministerin Melanie Huml (CSU) dringt unterdessen auf eine angemessene Finanzierung der Beiträge zur gesetzlichen Kran­ken­versicherung (GKV) für Arbeits­losen­geld-II-Empfänger durch den Bund. „Es darf keine Haushaltssanierung des Bundes zulasten der GKV-Versicherten geben. Bei der Finanzierung der Gesundheits­ver­sorgung von Arbeitslosengeld-II-Empfängern muss das Defizit der Krankenkassen endlich be­seitigt werden“, forderte Huml heute. Die durch­schnittlichen Leistungs­ausgaben pro Arbeitslosengeld-II-Bezieher betragen aus ihrer Sicht mindestens 200 Euro monatlich. „Die derzeit geplante Erhöhung der Zuweisung des Bundes für ALG-II-Bezieher um 4,17 Euro auf 94,53 Euro ist daher bei Weitem nicht ausreichend. Die Lücke muss der Bund schließen“, erklärte sie.

Bereits im Vorfeld der 89. GMK wurde zu diesem Thema ein Entschließungsantrag Bayerns im Gesundheitsausschuss des Bundesrates angenommen (BR Drs. 318/1/16). Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, die Belastung der gesetzlich Versicherten durch unzureichende Beiträge für ALG-II-Bezieher zu vermeiden. © may/EB/dpa/aerzteblatt.de

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