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Medizin

Zikavirus-Syndrom auch bei normalem Kopfumfang und ohne Hautausschlag möglich

Donnerstag, 30. Juni 2016

dpa

Pelotas und Madison - Eine Infektion mit dem Zikavirus dauert bei Schwangeren vermutlich deutlich länger als bei anderen Frauen, wie tierexperimentelle Studien in Nature Communications (2016; 7: 12204) andeuten. Eine Verminderung des Kopfumfangs ist laut der bisher größten Fallserie in Lancet (2016; doi: 10.1016/S0140-6736(16)30902-3) ein unsicheres diagnostisches Kriterium.

Seit dem Beginn der Zikavirus-Epidemie im März 2015 sind in Brasilien 7.343 Verdachtsfälle einer Mikrozephalie bei Neugeborenen aufgetreten, von denen 1.271 bestätigt wurden. 57 Kinder sind nach der Geburt an den Folgen eines konnatalen Zikavirus-Syndroms gestorben.

Ein Team um Cesar Victora von der Universidade Federal in Pelotas/Brasilien hat die Daten von 602 bestätigten Erkrankungen ausgewertet. Es handelt sich damit um die mit Abstand größte Fallserie zum konnatalen Zikavirus-Syndrom. Sie zeigt, dass etwa ein Fünftel der definitiven oder wahrscheinlichen Fälle bei der Geburt einen normalen Kopfumfang hatte und ein Drittel der Schwangeren sich nicht an einen Hautausschlag während der Schwangerschaft erinnerten.

Eine Infektion mit Hautausschlag erhöhte allerdings das Risiko, dass die Infektion zu einer Schädigung des Feten führt. Ein anderer Risikofaktor ist der Zeitpunkt der Infektion. Der Kopfumfang der betroffenen Kinder war umso geringer, je früher die Infektion in der Schwangerschaft auftrat. Dies bestätigt die Erfahrungen, die mit anderen infektiösen Ursachen einer konnatalen Mikrozephalie wie Toxoplasmose, Röteln, Cytomegalie und Herpesviren gewonnen wurden, die als TORCH-Infektionen bezeichnet werden (wobei das O für „other infections“ wie Syphilis, Windpocken, Parvovirus und jetzt auch Zikavirus steht). Alle erzeugen in der Embryonalphase der kindlichen Entwicklung die größten Schäden. Laut Victora ist jedoch nicht auszuschließen, dass auch eine Zikavirus-Infektion in der Spätschwangerschaft zu einer Infektion führt, die dann nur mit einer leichten Verminderung des Kopfumfangs einher ginge.

Die Welle der Zikavirus-Infektionen ist mittlerweile abgeebt, da die kühleren Temperaturen im Winter vor allem im Süden Brasilien die Ausbreitung von Aedes-Mücken begrenzen. Auch die Zahl der gemeldeten Geburten mit einer Mikrozephalie, die im November 2015 den Höhepunkt erreicht hat, ist deutlich rückläufig. Ob es im November zu einem weiteren Gipfel kommt, bleibt abzuwarten, schreibt Victora. Infektionen mit Zikaviren hinterlassen nach dem derzeitigen Kenntnisstand eine langfristige Immunität, sodass die Zahl der Schwangeren, die empfänglich für eine Erkrankung ist, in diesem Jahr geringer gewesen sein könnte, als im Jahr zuvor. 

Ein Team um David O'Connor von der Universität von Wisconsin in Madison hat die Infektion an Rhesusaffen untersucht. Bei acht nicht schwangeren Affen dauerte die Phase der Virämie etwa zehn Tage. Dies entspricht laut O’Connor ungefähr der Virämie-Zeit von Flaviviren beim Menschen. Bei zwei schwangeren Affen waren die Viren über mindestens 57 Tage im Blut der Tiere nachweisbar. Der Grund für die verlängerte Virämie-Phase ist nicht bekannt.

Die Forscher vermuten allerdings, dass nach der Infektion der Plazenta und des Feten von dort aus über längere Zeit Viren zurück ins Blut der Schwangeren gestreut werden. O’Connor versuchte, drei Affen zehn Wochen nach der ersten Infektion erneut mit dem Virus zu infizieren. Alle Tiere waren immun, was die Hoffnung stärkt, dass die Impfstoffe, die demnächst in klinischen Studien getestet werden, zumindest kurzfristig eine Schutzwirkung erzielen könnten. © rme/aerzteblatt.de

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