Medizin
Midostaurin lindert sytemische Mastozytose
Freitag, 1. Juli 2016
Stanford - Die Behandlung mit dem Kinase-Inhibitor Midostaurin (PKC412) hat in einer offenen Studie bei der Mehrzahl der Patienten mit sytemischer Mastozytose, einem seltenen Knochenmarktumor mit Vermehrung der Mastozyten, eine Remission erzielt, die laut der Publikation im New England Journal of Medicine (2016; 374: 2530-2541) die Überlebenszeit der Patienten deutlich verlängert haben könnte.
Krebserkrankungen der Mastzellen sind sehr selten. Auf eine Million Einwohner kommen pro Jahr weniger als 10 Neuerkrankungen. Etwa zwei Drittel sind Kinder, die zumeist an einer kutanen Mastozytose erkrankten. Bei der systemischen Mastozytose können ausgehend vom Knochenmark, dem Bildungsort der Mastzellen, auch andere Organe wie Leber, Milz, Magen-Darm-Trakt oder Lymphkoten befallen sein.
Die Symptome ergeben sich aus der Freisetzung der vasoaktiven Substanzen (häufig Juckreiz durch Histamin) sowie durch die Infiltration der Organe mit den Tumorzellen. Zu den sogenannten C-Zeichen gehören Zytopenien (durch die Verdrängung der Blutbildung im Knochenmark), Leberfunktionsstörungen, Hypoalbuminämie, Gewichtsverlust, Aszites und osteolytische Knochenläsionen.
Im fortgeschrittenen Stadium haben etwa 90 Prozent der Patienten die Mutation D816V in dem Gen KIT. Sie gilt als wesentlicher Antreiber des Zellwachstums und ist Angriffspunkt des Kinase-Inhibitors Midostaurin, einem halbsynthetischen Derivat von Staurosporin, einem Alkaloid aus dem Bakterium Streptomyces staurosporeus.
Der Hersteller hat die Wirkung in einer offenen Studie untersucht, an der weltweit in 29 Zentren 116 Patienten mit fortgeschrittener sytemischer Mastozytose teilnahmen, von denen 98 Patienten die Mutation KIT-D816V im Tumor hatten. Die Patienten nahmen zweimal täglich 100 mg Midostaurin ein, bis es zum erneuten Fortschreiten oder einer unerträglichen Toxizität kam. Primärer Endpunkt war ein Ansprechen nach den ersten vier Wochen der Therapie. Eine Major-Remission war definiert als vollständige Erholung von mindestens einem C-Zeichen. Für eine partielle Remission wurde eine 50-prozentige Verbesserung eines C-Zeichens gefordert.
Dieses Ziel wurde, wie Jason Gotlib vom Stanford Cancer Institute in Kalifornien und Mitarbeiter berichten, von 60 Prozent der Patienten erreicht. Bei insgesamt 40 Prozent der Patienten wurde eine Major-Remission erzielt. Die Mastzelllast im Knochenmark ging im Mittel um 59 Prozent zurück, der Serumtryptasespiegel verminderte sich um 58 Prozent.
Das mittlere progressionsfreie Überleben betrug 14,1 Monate, die mediane Gesamtüberlebenszeit 28,7 Monate. Dies könnte eine Verbesserung gegenüber den bisherigen Therapien sein, unter der Patienten noch zwischen sechs Monaten und 3,5 Jahren leben. Vergleiche mit „historischen“ Kontrollen sind jedoch immer mit einem Unsicherheitsfaktor verbunden.
Besonders günstig waren die Ergebnisse bei den 16 Patienten, bei denen die Erkrankung zu einer Mastzell-Leukämie fortgeschritten war. Hier lebten die Patienten unter der Therapie im Mittel 9,4 Monate gegenüber einer erwarteten Überlebenszeit von 2 bis 6 Monaten.
Die häufigsten unerwünschten Ereignisse waren Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Eine schwere Neutropenie (Grad 3 oder 4), Anämie und Thrombozytopenie traten bei 24 Prozent, 41 Prozent und 29 Prozent der Patienten auf. Der Hersteller hat aufgrund der Ergebnisse eine Zulassung in den USA und in Europa eingereicht. Die FDA stuft Midostaurin als potentiellen Durchbruch (Breakthrough Therapy Designation) ein, was ein beschleunigtes Zulassungsverfahren verspricht. © rme/aerzteblatt.de

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