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Medizin

Pyle-Syndrom: Gendefekt führt zur Störung des Knochenbaus

Freitag, 1. Juli 2016

Lausanne - Das Pyle-Syndrom, eine seltene autosomal-rezessive Entwicklungsstörung des Knochens, ist Folge von Mutationen im Sfrp4-Gen. Dies hat laut einer Publikation im New England Journal of Medicine (2016; 374: 2553-62) eine vermehrte Bildung von trabekulärem Knochen zur Folge, was aufgrund einer Ausdünnung des kortikalen Knochens die Stabilität von langen Röhrenknochen gefährdet. 

Menschen mit Pyle-Syndrom haben lange Röhrenknochen, in deren Metaphysen (die Übergangszone zwischen Knochenschaft und Knochenende) die trabekuläre Knochenstruktur auf Kosten des kortikalen Knochens ausgeweitet ist. Röhrenknochen bestehen aus zwei Schichten. Der innere trabekuläre Knochen besteht aus einem porösen Netz mit zahlreichen Zwischenräumen. Sein Abbau im Alter ist für die Osteo­porose verantwortlich. Der äußere kortikale Knochen ist für die Festigkeit verantwortlich. Die Ausdünnung des kortikalen Knochens erklärt die zahlreichen Knochenbrüche von Menschen mit Pyle-Syndrom, die im Kindesalter eine zunehmende X-Beinstellung (Genu valgum) entwickeln.

Die Ursachen des Pyle-Syndroms waren bisher völlig unbekannt. Die Untersuchung des Erbguts von vier Patienten aus der Türkei, Japan und Indien führte jetzt zur Entdeckung eines Genfehlers. Er befindet sich auf dem Chromosom 7 im Gen Sfrp4 („Secreted frizzled-related protein 4“). Die Mutationen haben zur Folge, dass das dort kodierte Protein nicht (vollständig) gebildet wird. 

Um zu beweisen, dass der Gendefekt tatsächlich für das Pyle-Syndrom verantwortlich ist, ließ das Team um Andrea Superti-Furga von der Universität Lausanne das Sfrp4-Gen aus dem Erbgut von Mäusen entfernen. Die Tiere entwickelten dann ähnlich wie Menschen mit Pyle-Syndrom trabekuläre Erweiterungen in den Metaphysen, der umgeben war von dünnem kortikalem Knochen. Dies verleiht den Enden der Röhrenknochen das Aussehen von Erlenmeyer-Gefäßen, die ein charakteristisches Röntgenzeichen der Erkrankung sind.

In weiteren Untersuchungen konnten die Forscher die Pathogenese des Pyle-Syndroms weitgehend aufklären. Das SFRP4-Protein ist im Knochen ein Rezeptor für den Wnt-Signalweg. Sein Mangel führt zu einer Störung im sogenannten kanonischen Wnt-Signalweg und im BMP-Signalweg. Diese Störungen erklären die zentralen Kennzeichen des Pyle-Syndroms: die verstärkte Bildung von trabekulären Knochen auf Kosten des kortikalen Knochens. 

Aus der Pathogenese lassen sich neue Behandlungsmöglichkeiten ableiten. Bei den Mäusen konnten die Defekte im kortikalen Knochenaufbau sowohl durch den löslichen Bmp2-Rezeptor RAP-661 als auch durch Antikörper gegen Sklerostin korrigiert werden. Diese beiden Mittel könnten, wenn sie sich als sicher erweisen sollten, nicht nur den wenigen Menschen mit Pyle-Syndrom zugute kommen. Die Forscher hatten bei ihren Untersuchungen auch häufige Knochenerkrankungen wie die Osteoporose im Hinterkopf. © rme/aerzteblatt.de

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