Politik
Prostitution: Strengere Anmeldefristen und Verbot von Flatrate-Sex
Donnerstag, 7. Juli 2016
Berlin – Prostitution soll künftig einer strengeren Regulierung unterworfen werden. Der Bundestag beschloss heute mit der Mehrheit von Union und SPD das umstrittene Prostituiertenschutzgesetz. „Wir wollen Frauen besser schützen, die in der Prostitution arbeiten“, sagte Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) in der Debatte. Es gehe darum, Ausbeutung und Gewalt entgegenzutreten.
Die Neuregelung sieht vor, dass der Betreiber eines Bordells dafür künftig eine Erlaubnis einholen muss. Einschlägig Vorbestraften soll die Erlaubnis verweigert werden. Prostituierte sollen sich alle zwei Jahre bei den Kommunen anmelden und jedes Jahr eine Gesundheitsberatung absolvieren müssen. Für 18- bis 21-jährige Prostituierte soll die Pflicht zu einer jährlichen Anmeldung und zu halbjährlicher Beratung gelten.
Bestimmte, als besonders menschenunwürdig eingestufte Praktiken wie sogenannte Flatrate-Parties werden künftig verboten. Für sie gilt auch ein Werbeverbot, ebenso wie für Angebote für Sex mit Schwangeren. Für Freier sieht das Gesetz eine Kondompflicht vor.
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Opposition bemängelt Reform
Grüne und Linke lehnten das neue Gesetz ab. Sie kritisieren vor allem die Anmelde- und Beratungsauflagen für Prostituierte als kontraproduktiv. „Dieser Gesetzentwurf ist moralisierend und setzt auf das Instrument der Kontrolle“, sagte die Grünen-Abgeordnete Ulle Schauws. Sinnvoller als Pflichtberatung wären mehr freiwillige Beratungsangebote. Schauws äußerte die Befürchtung, dass viele Prostituierte in die Illegalität abtauchen würden, um der Anmeldepflicht zu entgehen, womit sie letztlich weniger Schutz hätten als bisher. „Das ist ein Gesetz, das seine Ziele komplett verfehlt“, sagte auch die Linken-Abgeordnete Cornelia Möhring. Sie vermisste auch Qualifizierungsangebote für die zur Beratung vorgesehenen Behördenmitarbeiter.
Schwesig wies die Vorwürfe zurück: „Die Pflichten dienen nicht der Gängelung, sondern dem Schutz von Frauen.“ Diese erhielten damit Ansprechpartner „außerhalb des Milieus“, argumentierte die CDU-Abgeordnete Nadine Schön.
Das neue Gesetz muss noch im Bundesrat beraten werden. Nach Ansicht der Bundesregierung ist es jedoch nicht zustimmungspflichtig.
Strengere Strafgesetzgebung für Freier und Organhandel
Am Nachmittag hat der Bundestag im Rahmen eines Gesetzes zur Bekämpfung von Menschenhandel zudem unter Strafe gestellt, wenn Freier Zwangslagen von Prostituierten ausnutzen – zum Beispiel deren illegalen Aufenthalt in Deutschland. Den Freiern drohen dann Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis fünf Jahren. „Wenn ein Freier sieht, dass eine Frau in einer Zwangslage ist, dann hat er eine besondere Verantwortung“, sagte Schwesig.
Im Zuge dieser Novelle werden auch weitere Strafvorschriften gegen Menschenhandel neu geregelt. Diese betreffen künftig auch Fälle, in denen die Opfer etwa wegen Organhandels oder zur Begehung von Straftaten nach Deutschland gebracht werden. © afp/aerzteblatt.de

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