Medizin
Zikavirus: Ist der Peak in Lateinamerika schon erreicht?
Montag, 11. Juli 2016
London – Die gegenwertige Zika-Epidemie in Lateinamerika könnte in drei Jahren vorbei sein, schätzen Wissenschaftler um Neil Ferguson vom MRC Centre for Outbreak Analysis and Modelling, School of Public Health, Imperial College London. Basis ihrer Hochrechnung sind die Übertragbarkeit des Zika-Virus und die Zeitspanne zwischen den Infektionszyklen. Die Bekämpfung der Mücken könnte sich hierbei jedoch als kontraproduktiv erweisen, da sie eine schützende Herdenimmunität hinauszögern würde. Langfristig sollte aber eine Impfung das Ziel sein.
Abgesehen von saisonalen Schwankungen der Inzidenz, die durch Variationen der Mosquito-Population und Transmission zustanden kommen, sollte in drei Jahren eine Herdenimmunität einsetzen. Mindestens ein Jahrzehnt würde es von da an dauern, bis eine weitere große Epidemie möglich wäre, schreiben die Autoren im heute publizierten Artikel in Science (DOI: 10.1126/science.aag0219). Das Durchschnittsalter wäre dann jedoch niedriger, da die älteren Generationen aufgrund der jetzigen Epidemie bereits Immunität erlangt hätten. Das Risiko für schwangere Frauen bestünde dann nach wie vor.
Die Gesellschaft für Virologie (GfV) hatte schon zu Beginn des Jahres darauf hingewiesen, dass mit zunehmender Durchseuchung der ursprünglich Zika-naiven Bevölkerung in den Ländern Süd- und Mittelamerikas die Infektions- und Erkrankungsraten deutlich zurückgehen werden. Es existieren verschiedene mathematisch berechnete Modelle zum prognostizierten Verlauf der Epidemie, ihrer Dauer und den Zeiträumen zwischen den künftigen Infektionszyklen.
Aktuell bewirken die durch das Winterhalbjahr geprägten klimatischen Bedingungen auf der Südhalbkugel einen deutlichen Rückgang der Aedes aegypti Populationen. Die GfV erwartet daher, dass der Peak in den Ländern Süd- und Mittelamerikas bereits erreicht ist und auch ein baldiger Rückgang der akuten Zika-Virusinfektionen einsetzen wird. Gegenden, in die das Zika-Virus später importiert wurde, wird dieser Prozess ähnlich, aber zeitlich versetzt ablaufen.
„Da Aedes aegypti die Vektoren für etliche weitere gefährliche Viruserkrankungen wie beispielsweise Dengue- und Gelbfieber sind, sollte der nachhaltigen Bekämpfung dieser Mückenpopulationen jedoch auch weiterhin große Beachtung geschenkt werden“, sagt Susanne Modrow, Vorsitzende der Kommission für Virusinfektionen in der Schwangerschaft der GfV von der Universität Regensburg.
Warum die Transmission des Virus in Lateinamerika stärker ausgeprägt war, als in allen anderen Ländern, ist weiterhin ungewiss. Ob beispielsweise in Asien eine ähnliche Epidemie in diesem Ausmaß ausbrechen könnte, vermögen die Autoren um Ferguson nicht zu beurteilen. © gie/aerzteblatt.de

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