Politik
MDS: Ärzteschaft soll Fehlentwicklungen bei IGeL-Leistungen beseitigen
Dienstag, 12. Juli 2016
Berlin – Gut 50 Prozent aller Patienten wurde schon einmal eine Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) von ihrem Arzt angeboten, oder sie haben selbst danach gefragt. 28 Prozent haben daraufhin eine IGeL-Leistung in Anspruch genommen. Das geht aus einer Evaluation des IGeL-Monitors hervor, deren Ergebnisse heute vom Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) vorgestellt wurden. An der Befragung nahmen 2.149 Menschen teil.
Zwei Drittel der Patienten, denen schon einmal eine IGeL-Leistung angeboten wurde, sind demnach der Ansicht, IGeL-Leistungen seien kritisch zu sehen. Unzufrieden waren diese Patienten der Umfrage zufolge vor allem mit der Aufklärung über den möglichen Schaden einer IGeL-Leistung. So erklärten nur 26 Prozent der Patienten, denen schon einmal eine IGeL-Leistung angeboten wurde, sie seien mit der Information über den Schaden zufrieden gewesen. 44 Prozent waren darüber hinaus zufrieden mit der Information über den Nutzen und 52 Prozent mit dem Verhalten des Arztes.
Pick zitierte Zahlen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Demnach verdienten Ärzte jedes Jahr etwa eine Milliarde Euro durch IGeL-Leistungen. Zudem würden dem WIdO zufolge vor allem fünf Arztgruppen IGeL-Leistungen anbieten: Frauen-, Augen- und Hautärzte, Orthopäden sowie Urologen.
Pick moniert Verkaufsverhalten
Der Geschäftsführer des MDS, Peter Pick, kritisierte die Ärzte, die ihren Patienten offensiv IGeL-Leistungen anbieten. „Für manche Facharztgruppe ist das IGeLn zum Volkssport geworden“, meinte er. Information und Aufklärung gerieten in der Praxis dabei manchmal in den Hintergrund. „Zwar erkennen wir an, dass ein Teil der Ärzteschaft zunehmend zurückhaltender mit IGeL umgeht und Patienten bei der Abwägung von Vor- und Nachteilen unterstützt und ihnen so eine freie Entscheidung ermöglicht“, fuhr Pick fort. Ein anderer Teil der Ärzteschaft praktiziere andererseits aber einen bisweilen aggressiven Verkaufsdruck und nutze dafür sein Praxispersonal.
„Dieser Teil der Ärzteschaft ist aufgefordert, sich an die Empfehlungen der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zu halten, die sie in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Netzwerk Evidenzbasierte Medizin aufgestellt haben“, so Pick. Diese Empfehlungen könne der MDS „voll gegenzeichnen“. Sie würden jedoch leider nicht von allen Ärzten befolgt. Deshalb reiche es nicht aus, nur einen gemeinsamen Leitfaden zu veröffentlichen. Die Ärzteschaft müsse stattdessen stärker ihr Augenmerk darauf richten, die Fehlentwicklungen bei den IGeL-Leistungen zu beseitigen.
KBV wehrt sich gegen Generalverdacht
„Es ist falsch, IGeL unter Generalverdacht zu stellen. Im individuellen Patientenfall können IGeL durchaus medizinisch sinnvoll sein“, kommentierte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, die Ausführungen Picks. „Im Sinne eines guten Vertrauensverhältnisses zu seinen Patienten werden Ärzte unter medizinischen Gesichtspunkten Empfehlungen abgeben. Natürlich muss der Patient ausreichend Zeit haben, um über das Angebot entscheiden zu können.“ Die Versichertenbefragung der KBV habe im Übrigen im vergangenen Jahr gezeigt, dass IGeL von Patienten nachgefragt werden.
Pick kritisierte auch, dass manche Krankenkassen IGeL als Satzungsleistungen anbieten. „IGeL sind auch bei Krankenkassen ein Wettbewerbsfeld. Wir sind aber nicht glücklich, wenn von uns negativ bewertete IGeL von Krankenkassen bezahlt werden.“
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Ein Verbot von IGeL-Leistungen hält Pick jedoch nicht für erfolgversprechend. „Wir setzen stattdessen auf Aufklärung“, sagte er. „Wenn sich jemand entscheidet, zum Beispiel eine Akupunktur machen zu lassen, obwohl dafür die Evidenzbasis gering ist, dann neigen wir nicht dazu, das zu verbieten. Aber es sollte eine bewusste Entscheidung sein. Und man sollte dann nicht glauben, diese Leistung habe einen hohen medizinischen Nutzen.“
Im sogenannten IGeL-Monitor, dessen Evaluation heute vorgestellt wurde, bewertet der MDS ausgewählte IGeL-Leistungen. Bislang hat der MDS 41 dieser Leistungen beschrieben und deren Nutzen und Schaden anhand von vorliegenden Studienergebnissen mit den Begriffen „positiv“, „tendenziell positiv“, „unklar“, „tendenziell negativ“ und „negativ“ bewertet.
17 IGeL-Leistungen hat er dabei als „negativ“ oder „tendenziell negativ“ eingestuft, zum Beispiel die Gabe von Glukokortikoiden bei einem Hörsturz. Bei 15 Bewertungen kam der MDS zu dem Ergebnis „unklar“, zum Beispiel bei ergänzenden Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft. Und drei IGeL-Leistungen wurden bislang als „tendenziell positiv“ eingestuft, darunter die Lichttherapie bei saisonal depressiver Störung. © fos/aerzteblatt.de

Warum?

@Practicus, bravo!
wie Homöopathie: was soll man von einem nicht zugelassenen Wirkstoff halten,
der als Kügelchen in D12 -Verdünnung verkauft wird.
Das ist 1:1Billion, das sind ca. 25 olympische Schwimmbecken.
Mit anderen Worten, KEIN Wirkstoff in einem Fläschchen.
Die Provokation liegt ja schon darin, dass per Gesetz (EU) eine Indikation nicht angegeben werden soll.
Impfungen gehören allerdings nicht zur Alternativmedizin, Herr Kollege

Dann möge ddoch
Akupunktur, Osteopathie, Homöopathie, Reiseimpfungen, fragwürdige "Prävention", Bargeld-Boni.
Die Kassen wissen offenbar nicht, wohin mit ihrem Geld, das sie nicht für dir vertragsärztliche Behandlung ausgeben wollen (bzw nicht dürfen, siehe SGB V)

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