NewsMedizinMorbus Parkinson nach Gehirn­erschütterungen häufiger
Als E-Mail versenden...
Auf facebook teilen...
Twittern...
Drucken...

Medizin

Morbus Parkinson nach Gehirn­erschütterungen häufiger

Mittwoch, 13. Juli 2016

dpa

Seattle – Menschen, die im Verlauf ihres Lebens eine Gehirnerschütterung mit kurzer oder längerer Bewusstseinsstörung erlitten haben, erkranken im späteren Leben häufiger an einem Morbus Parkinson. Eine Assoziation mit den wesentlich häufigeren Demenzen oder einem Morbus Alzheimer war in drei US-Kohortenstudie in JAMA Neurology (2016; doi: 10.1001/jamaneurol.2016.1948) wider Erwarten nicht nachweisbar.

Seit Längerem wird vermutet, dass traumatische Hirnverletzungen das Risiko auf die Entwicklung einer neurodegenerativen Hirnerkrankung erhöhen. Die beiden wichtigsten Erkrankungen sind der Morbus Alzheimer, bei dem es zu Ablagerungen von Beta-Amyloid und Tau-Fibrillen kommt, und der Morbus Parkinson, bei dem Lewy-Körper in der Substantia nigra und anderswo auftreten.

Mehrere frühere Studien haben dann auch eine Assoziation von Gehirnerschütterungen und dem Morbus Alzheimer gefunden. Das Institute of Medicine betrachtet traumatische Hirnverletzungen als etablierten Risikofaktor für Demenzen. Für den wesentlich selteneren Morbus Parkinson war die Beweislage dagegen weniger überzeugend – obwohl das Beispiel des jüngst verstorbenen Boxers Muhammad Ali ein Beispiel für die Verbindung ist.

Eine Analyse von drei amerikanischen Kohortenstudien liefert jetzt erstmals wissen­schaft­liche Belege für ein erhöhtes Parkinson-Risiko nach Gehirnerschütterungen. In der „Adult Changes in Thought study" (ACT) war eine Bewusstlosigkeit von mehr als einer Stunde mit einem mehr als dreifach erhöhten Risiko verbunden (Hazard Ratio 3,56; 95-Prozent-Konfidenzintervall 1,52-8,28). In der Religious Orders Study (ROS) und dem Memory and Aging Project (MAP) war auch nach kürzerer Bewusstlosigkeit ein Fortschreiten von Parkinson-ähnlichen Symptomen erkennbar (in diesen Studien kam es zu keinen Parkinson-Erkrankungen).

Mit Daten zu 7.130 älteren Erwachsenen legen Paul Crane von der University of Washington School of Medicine in Seattle und Mitarbeiter jetzt die bisher größte Untersuchung zu dieser Fragestellung vor. Die Studie zeichnet sich zum einen durch regelmäßige genaue Untersuchungen der Teilnehmer aus. Zum anderen konnte bei 1.652 Teilnehmern nach dem Ableben das Gehirn von einem Pathologen untersucht werden.

Die Forscher konnten deshalb auch untersuchen, ob es nach einer Hirnerschütterung, die in jungen Jahren auftritt, im Alter zu krankheitsspezifischen Ablagerungen im Gehirn kommt. Dies war beim Morbus Parkinson der Fall. Bereits Gehirnerschütterungen mit einer kürzeren Bewusstlosigkeit waren mit dem häufigeren Nachweis von Lewy-Körpern im frontalen und temporalen Cortex verbunden (relatives Risiko RR 1,59; 1,06-2,39). Bei einer Bewusstlosigkeit von mehr als einer Stunde stieg das Risiko an (RR 1,78; 0,82-3,77). Jetzt kam es auch häufiger zu Mikroblutungen (RR, 1,58; 1,06-2,35).

Crane und Mitarbeiter hatten aufgrund dieser Ergebnisse erwartet, auch eine Assoziation der Gehirnerschütterungen mit dem Morbus Alzheimer zu finden. Diese bestand jedoch weder zu klinischen Demenzerkrankungen, noch zu Ablagerungen von Beta-Amyloid oder Tau-Fibrillen. Dies ist vor allem deshalb überraschend, weil Demenzerkrankungen deutlich häufiger sind als der Morbus Parkinson und eine Verbindung deshalb leichter nachzuweisen wäre.

Für die klinische Medizin bedeuten die Ergebnisse, dass Gehirnerschütterungen in der Vorgeschichte die Diagnose nicht allzu rasch auf eine Demenzerkrankung lenken sollten. Hinter einer Gedächtnisstörung könnte sich auch ein beginnender Morbus Parkinson oder eine Lewy-Körper-Demenz verbergen. Zu Beginn der Erkrankung sind die Krankheitsbilder nicht immer leicht zu unterscheiden. Beim Morbus Parkinson gibt es jedoch anders als bei der Demenz effektive Therapien. © rme/aerzteblatt.de

Kommentare

Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.
LNS
LNS

Fachgebiet

Stellenangebote

    Weitere...

    Aktuelle Kommentare

    Archiv

    NEWSLETTER