Politik
Ärzte können ab 2017 Präventionskurse verordnen
Donnerstag, 21. Juli 2016
Berlin – Ab dem Jahreswechsel können Ärzte ihren Patienten Präventionsprogramme empfehlen. Im Rahmen einer Untersuchung können so Programme und Kurse zu Sport- und Bewegungsgewohnheiten, Ernährung, Stressmanagement sowie der Reduzierung des Konsums von Suchtmitteln empfohlen werden. Entsprechende Änderungen an verschiedenen Richtlinien haben die Mitglieder im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) heute beschlossen. Das Präventionsgesetz von 2015 hatte den G-BA mit der Ausgestaltung der Richtlinie und von weiteren Kriterien beauftragt.
„Ärzte haben mit dem Ausstellen von Präventionsempfehlungen zukünftig eine weitere Möglichkeit, Versicherte zu motivieren, an gesundheitsbezogenen Kursen teilzunehmen“, erklärte Harald Deisler, unparteiisches Mitglied im G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Methodenbewertung, im Anschluss an die Sitzung per Pressemitteilung.
Die Präventionsempfehlung wird ähnlich einem Rezept ausgestellt, diese ärztliche Bescheinigung soll von den Krankenkassen beim Antrag auf verhaltensbezogene Präventionskurse berücksichtigt werden. Krankenkassen finanzieren teilweise die Kosten für zertifizierte Angebote oder bieten Kurse selbst an. Weiterhin sollen Versicherte Präventionsangebote auch ohne eine ärztliche Empfehlung beantragen können. Wie ebenfalls im Präventionsgesetz von 2015 geregelt, wurde in der heutigen Sitzung die Früherkennungsrichtlinie für die Erkrankungen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen beschlossen.
In der Debatte im Plenum setzten sich vor allem die Patientenvertreter dafür ein, dass es eine komplette Richtlinie zum ärztlichen Präventionsmanagement geben solle. Aus Sicht der Patientenvertreter sei es zielführender, alle Bemühungen und Pläne in ein neues Dokument einzufügen, als bestehende Richtlinien um den Aspekt der Prävention zu ergänzen. „Damit wird der Präventionsgedanke marginalisiert“, hieß es von dort. Dieser Argumentation wollten weder GKV-Spitzenverband noch Kassenärztliche Bundesvereinigung oder der unparteiische G-BA-Vorsitzende Josef Hecken folgen.
DMP zu COPD aktualisiert
Außerdem hat der G-BA das Disease Management Programm (DMP) für Patientinnen und Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) in wesentlichen Punkten aktualisiert. Die neuen Programminhalte, die spätestens Anfang 2017 in Kraft treten, enthalten einen Schwerpunkt auf Raucherentwöhnungsprogramme und ein strukturiertes Medikamentenmanagement.
Ein weiterer Teil der DMP-Anforderungen ist auch die Berücksichtigung von Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2, kardiovaskuläre Erkrankungen, Osteoporose sowie Depressionen. „Die wirksame Behandlung dieser Komorbiditäten spielt nicht zuletzt für die Lebensqualität der Patienten eine wesentliche Rolle“, erklärte Regina Klakow-Franck, unparteiisches Mitglied des G-BA und Vorsitzende des Unterausschusses DMP. „Sämtliche diagnostischen, therapeutischen und qualitätssichernden Maßnahmen wurden anhand aktueller Leitlinien überprüft und bei Bedarf angepasst oder ergänzt“, führte sie in einer Pressemitteilung im Anschluss an die öffentliche G-BA-Sitzung aus.
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In der Debatte im Plenum hatten sich vor allem die Patientenvertreter dafür eingesetzt, die psychosoziale Beratung sowie das Beratungsgeschehen von betroffenen Patienten auszubauen. Dem folgten die stimmberechtigten Mitglieder von Krankenkassen und Ärzten nicht. Der neuen Ausrichtung stimmten die Patientenvertreter allerdings zu.
Ein weiterer Punkt auf der Tagesordnung des Gremiums waren Vorbereitungen zur Umsetzung der sektorenübergreifenden Qualitätssicherung. In einer längeren Diskussion haben sich die Mitglieder des G-BA-Plenums auf Eckpunkte verständigt. Die Umsetzung der Qualitätssicherung mit konkreten Finanzierungsregelungen und Aufgabenwahrnehmungen wird für Oktober erwartet.
In den Eckpunkten wird geregelt, dass sich nun zügig Landesarbeitsgemeinschaften (LAG) aus den Kassenärztlichen Vereinigungen, den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen, den Landeskrankenhausgesellschaften und den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gründen. „Ich erwarte, dass die Arbeitsgemeinschaften spätestens ab Oktober zügig gegründet werden. Eine Gefährdung der ordnungsgemäßen Umsetzung der sektorenübergreifenden Qualitätssicherung wäre nicht länger hinnehmbar“, erklärte Klakow-Franck im Anschluss an die Sitzung.
Laut der Richtlinie zur einrichtungs- und sektorenübergreifenden Qualitätssicherung (Qesü-RL) sollen die LAG jeweils die Gesamtverantwortung für die sektorenübergreifenden Qualitätssicherungsverfahrens in ihrem Bundesland übernehmen. Dazu gehört die Annahme und Speicherung der Daten sowie der strukturierte Dialog über die Ergebnisse. Zwar müssten laut Richtlinie schon seit Anfang 2016 in einigen Bereichen gemeinsame Daten erhoben werden, allerdings haben sich noch keine LAG gegründet.
„Die derzeitigen Regelungen in der Richtlinie, etwa was die Finanzierung der Datenannahme anbelangt, waren offensichtlich zu unbestimmt. Dies werden wir durch Festlegung konkreter Durchführungsbestimmungen ändern“, so Klakow-Franck. Sie erwarte von allen Beteiligten, dass sich ab Oktober die LAG zügig gründen.
Zahnärzte wollten Extrarolle
In der Debatte im Plenum hatte die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) versucht, die zahnärztliche Versorgung aus der Umsetzung der Eckpunkte und der Richtlinie herauszunehmen und die Entscheidung über die Beteiligung der vertragszahnärztlichen Versorgung zu vertagen. „Wir haben hier einen Anspruch auf einen eigenen Blickwinkel der Versorgung, so interpretieren wir auch den Willen des Gesetzgebers“, erklärte Jürgen Fedderwitz von der KZBV.
Kassenvertreter argumentierten dagegen, bei der Datenerhebung in der sektorübergreifenden Versorgung müsse man die Patienten auch nach dem Klinikaufenthalt begleiten, um die Versorgung im Anschluss im ambulanten Bereich im Blick zu haben.
„Im Vertagen oder Ausschließen der Zahnärzte sehe ich keinen Sinn“, erklärte dazu Klakow-Franck und appellierte, dass zügig gemeinsame Datenbanken aufgebaut werden müssen. Franziska Diel von der KBV appellierte an die Kassen, die LAG zügig zu gründen und zu finanzieren. Die anderen G-BA-Mitglieder folgten der Empfehlung der unparteiischen Vorsitzenden Klakow-Franck. © bee/aerzteblatt.de

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