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Medizin

USA: Krebsnachsorge senkt Sterblichkeit von Schilddrüsenkarzinom nicht

Freitag, 22. Juli 2016

Ann Arbor – Eine Ausweitung der Nachsorge beim differenzierten Schilddrüsenkarzinom hat in den USA die Behandlungszahlen steigen lassen, ohne dass es zu einer Verrin­gerung der Sterblichkeit gekommen ist. Eine retrospektive Studie im Britischen Ärzteblatt (BMJ 2016; 354: i3839) deutet dies als eine Überdiagnose ohne Nutzen für den Patienten.

In den USA steigt die Inzidenz des differenzierten Schilddrüsenkarzinoms seit Jahr­zehnten kontinuierlich an. Im Jahr 2030 könnte es die vierthäufigste Krebserkrankung sein. Die meisten Tumore werden – vermutlich aufgrund der häufigen Verwendung der Ultraschalluntersuchung – in einem frühen Stadium entdeckt, in dem die 10-Jahres-Überlebensraten an dem Tumor bei 96 bis 100 Prozent liegen. Obwohl Rezidive nach der Entfernung eines differenzierten Schilddrüsenkarzinoms selten sind, wird den meisten Patienten eine mehr oder weniger intensive Nachsorge angeboten, wie eine Auswertung des Krebsregisters Surveillance Epidemiology and End Results (SEER) zeigt.

Ein Team um Megan Haymart von der University of Michigan Medical School in Ann Arbor hat die Daten von 28.200 Patienten ausgewertet, deren Primärtumor in den Jahren 1998 bis 2011 entfernt wurde: Bei 57 Prozent der Patienten wurde seither mindestens eine Ultraschalluntersuchung abgerechnet, 24 Prozent nahmen an einem Radiojod-Scan und 15 Prozent an einer Positronen-Emissions-Tomographie (PET) teil. Diese Untersuchungen hatten nicht selten eine erneute Behandlung zur Folge. 

So gingen Ultraschall-Untersuchungen mit einer 2,30-fach erhöhten Rate von erneuten Operationen und einer um 45 Prozent erhöhten Rate von Radiojod-Behandlungen ein­her. Nach Radiojod-Scans kam es 3,39-fach häufiger zu einer Operation und 17,83-fach häufiger zu einer Radiojodtherapie. Die Wahrscheinlichkeit einer Strahlentherapie stieg um 89 Prozent.

Auch bei der Nachsorge mit PET-Scans wurden häufig neue Befunde entdeckt. Die Wahrscheinlichkeit auf eine zusätzliche Operation stieg um den Faktor 2,31, Radiojodtherapien wurden 2,13-fach häufiger und Strahlentherapie 4,98-fach häufiger durchgeführt als bei Menschen ohne PET-Nachsorge.

Ultraschall und PET hatten keinen Einfluss auf die spätere Sterblichkeit am Schild­drüsenkrebs. Haymart ermittelt für das Ultraschall-Screening eine Hazard-Ratio von 1,14 (95-Prozent-Konfidenzintervall 0,98-1,27) und für das PET-Screening von 0,91 (0,77-1,07). Diese beiden Untersuchungen scheinen demnach keinen Einfluss auf die Prognose der Patienten zu haben.

Mit der Ultraschalluntersuchung können zwar regionale Metastasen in den Lymph­drüsen gut erkannt werden, schreibt Haymart. Die prognostische Bedeutung dieser Metastasen sei aber unklar. Die Überlebenschancen sinken erst, wenn sich Fern­metastasen gebildet haben. Diese könnten zwar mit der PET nachgewiesen werden. Die Untersuchung erkennt allerdings bevorzugt die aggressiven Tumore, die nicht mehr auf eine Therapie ansprechen.

Die beste Nachsorge könnte nach den Untersuchungen von Haymart ein Radiojod-Scan sein. Diese Untersuchung spürt bevorzugt Metastasen auf, die anschließend auf eine Radiojodtherapie ansprechen. Tatsächlich war die Nachsorge mit einem Radiojod-Scan in der Studie mit einem um 30 Prozent verminderten Sterberisiko am Schilddrüsenkrebs assoziiert (Hazard-Ratio 0,70; 0,60-0,82). Diese Untersuchungen sollten laut Haymart jedoch erst durchgeführt werden, wenn ein Tumormarker auf ein Rezidiv hinweist.

Da es sich um eine retrospektive Studie handelt, ist die Beweiskraft gering. Prospektive Studien zu den Folgen eines Verzichts auf Ultraschall und PET in der Nachsorge gibt es jedoch nicht. Angesichts der geringen Sterberate am differenzierten Schilddrüsen­karzinom stellt sich für Haymart die Frage, welche Vorteile eine intensive Nachsorge haben kann. Die Nachteile bestehen in einem Anstieg der Behandlungskosten, einer Verunsicherung der Patienten sowie ihrer möglichen Schädigung durch Komplikationen einer unnötigen Behandlung. © rme/aerzteblatt.de

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