Politik
„Ein PJ-Abschnitt im ambulanten Bereich ist zwingend erforderlich“
Montag, 25. Juli 2016
Berlin – Nach langen Debatten zwischen Bund und Ländern über die künftige Gestaltung des Medizinstudiums gab die Gesundheitsministerkonferenz der Länder (GMK) jetzt erste Eckpunkte des Masterplans Medizinstudium 2020 bekannt.
Dazu fünf Fragen an Regina Feldmann, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KBV.
DÄ: Frau Feldmann, künftig soll das praktische Jahr (PJ) in vier Abschnitte zu je drei Monaten geteilt und auf diese Weise ein verpflichtendes Quartal in der ambulanten Versorgung eingeführt werden. Was halten Sie von diesen Eckpunkten des Masterplans?
Regina Feldmann: Ich begrüße diese Eckpunkte sehr, weil hierdurch die ambulante Medizin gestärkt wird. Die KBV fordert dies bereits seit Längerem und dieser Forderung hat sich auch der Deutsche Ärztetag angeschlossen.
Das medizinische Studium ist fast ausschließlich hochschullastig und klinikzentriert angelegt. Die Diagnostik und Behandlung sind in den vergangenen Jahren zu großen Teilen in die ambulante Versorgung übergegangen und werden kaum noch im Hochschulbereich angeboten.
Die Versorgungsrealität muss natürlich auch in der Ausbildung ankommen. Wie sollen wir angehende Ärztinnen und Ärzte für die ambulante Medizin, speziell für die Allgemeinmedizin gewinnen, wenn diese während ihres Studiums überhaupt keine Einblicke erhalten?
Deshalb sehen wir das PJ im ambulanten Bereich als zwingend erforderlich an.
DÄ: Die Studierenden haben sich immer gegen einen PJ-Pflichtabschnitt in der Allgemeinmedizin ausgesprochen. Nun müssen sie zwar dort das Quartal nicht zwangsläufig absolvieren, obligatorisch soll künftig für alle jedoch nach dem PJ eine Prüfung (M3) in der Allgemeinmedizin sein. Ist so viel Zwang sinnvoll für das Image des Faches Allgemeinmedizin?
Feldmann: Leider ist die Allgemeinmedizin lange Zeit eher stiefmütterlich von den Hochschulen behandelt worden. Ein Indiz dafür ist die Tatsache, dass erst in den letzten Jahren die Zahl der Lehrstühle für Allgemeinmedizin gestiegen ist, ohne dass diese bereits flächendeckend und ausreichend an allen medizinischen Hochschulstandorten eingerichtet worden sind.
Wir stellen immer wieder fest: Niemand stellt infrage oder bezeichnet es als Zwang, dass die Innere Medizin oder Chirurgie Pflichtquartale im Medizinstudium sind. Warum soll diese Selbstverständlichkeit nicht auch für die Allgemeinmedizin gelten?
Wir dürfen nicht vergessen: In der Allgemeinmedizin werden die meisten Menschen in Deutschland versorgt, und circa 80 Prozent aller Patientenprobleme werden in der Hausarztpraxis gelöst.
DÄ: Offen ist derzeit noch, welche ambulanten Ausbildungsorte anerkannt werden sollen. Sollten nach Ihrer Ansicht auch die Hochschulambulanzen und die Rettungsstellen einbezogen werden?
Feldmann: Ausbildung sollte dort stattfinden, wo die Versorgung stattfindet. Dabei geht es mir speziell um die ambulante und grundversorgende Medizin. Es ist wichtig, dass die Ausbildung daher eben auch in den niedergelassenen Praxen der Fachärztinnen und Fachärzte für Allgemeinmedizin und der fachärztlichen Grundversorgung stattfindet.
DÄ: Gibt es denn deutschlandweit ausreichend qualitätsgesicherte ambulante Ausbildungsorte für alle PJler?
Feldmann: Die Ausbildungsorte werden von den Universitäten ausgewählt und betreut. Ich teile aber die Auffassung der DEGAM, dass es kein Problem darstellt, eine ausreichende Zahl an auszubildenden Praxen bereitzustellen. Die KBV und die Kassenärztlichen Vereinigungen haben hier bereits ihre Unterstützung angeboten.
DÄ: Offen ist derzeit auch noch, ob im Masterplan eine Landarztquote für Bewerber auf Plätze für das Medizinstudium verankert werden soll. Die Gesundheitsminister zumindest halten an dieser Forderung fest und wollen es jedem Land freistellen, eine eigene Landarztquote einzuführen. Doch würde eine solche Quote das Fach nicht sogar degradieren?
Feldmann: Allein die Vorstellung, dass eine Landarztquote eine „degradierende“ Wirkung haben könnte, finde ich – gelinde gesagt – sehr seltsam. Die Tätigkeit als Landarzt stellt auch heute noch eine der größten Herausforderungen in der Medizin dar.
Es geht um Versorgungsnotwendigkeiten und Probleme, die wir lösen müssen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich dabei um Fragen der Patientenversorgung auf dem Land oder in der Stadt handelt. © ER/aerzteblatt.de

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