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Medizin

Hirnmetastasen: Radiochirurgie kann kognitive Funktion erhalten

Donnerstag, 28. Juli 2016

Rochester – Eine zusätzliche Ganzhirnbestrahlung konnte die Überlebenszeiten von Krebspatienten, die eine stereotaktische Bestrahlung von bis zu drei Metastasen erhalten hatten, nicht verbessern. Es kam jedoch laut der Publikation im amerikanischen Ärzteblatt JAMA (2015; doi: 10.1001/jama.2016.9839) häufiger zu kognitiven Einschränkungen, die die Lebensqualität in den letzten Lebensmonaten deutlich einschränken kann.

Etwa 30 Prozent aller Patienten mit fortgeschrittener Krebserkrankung entwickeln Hirnmetastasen. Der Krebs ist in diesem Stadium nicht mehr heilbar. Die Behandlung der Metastasen kann jedoch den Tumor über eine gewisse Zeit zurückdrängen und möglicherweise die Lebensqualität der Patienten verbessern. Eine effektive und unblutige Behandlung von Hirnmetastasen ist heute durch eine stereotaktische Bestrahlung möglich, die auch als Radiochirurige bezeichnet wird. Dabei werden die Strahlen von mehreren Seiten so auf die Metastasen gerichtet, dass die Tumornester zerstört werden, während das umgebende Hirngewebe verschont wird. 

Das US-National Cancer Institute hat jetzt in einer großen randomisierten klinischen Studie an 34 Zentren untersuchen lassen, ob eine zusätzliche Ganzhirnbestrahlung die Behandlungsergebnisse verbessern kann. An der Studie nahmen 213 Krebspatienten mit bis zu drei Hirnmetastasen teil. Bei allen wurde eine stereotaktische Bestrahlung der Hirnmetastasen durchgeführt. Bei der Hälfte der Patienten erfolgte innerhalb der nächsten 14 Tage eine zusätzliche Ganzhirnbestrahlung (an fünf Tagen pro Woche über 2,5 Wochen). Primärer Endpunkt war das Gesamtüberleben der Patienten.

Wie Paul Brown von der Mayo Clinic, Rochester, und Mitarbeiter berichten, erreichte die Ganzhirnbestrahlung ihr Ziel nicht, die Überlebenszeit der Patienten zu verlängern. Die mittlere Überlebenszeit der Patienten war nach zusätzlicher Ganzhirnbestrahlung mit 7,4 Monaten sogar tendenziell kürzer als nach alleiniger Radiochirurgie, nach der die Patienten im Durchschnitt noch 10,4 Monate lebten. Die Hazard Ratio von 1,02 war mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,75 bis 1,38 jedoch nicht signifikant, sodass nicht ausgeschlossen ist, dass die Ganzhirnbestrahlung doch einen Nutzen haben könnte.

Die Ganzhirnbestrahlung hatte jedoch weitere Nachteile: Bei 44 von 48 Patienten (92 Prozent), die die Forscher nach drei Monaten untersuchen konnten, hatte sich die kognitive Funktion verschlechtert. Nach der alleinigen Radiochirurgie war dies nur bei 40 von 63 Patienten (64 Prozent) der Fall. Dieser Unterschied von 28,2 Prozentpunkten war bei einem 90-Prozent-Konfidenzintervall von 14,4 bis 41,9 Prozentpunkten statistisch signifikant.

Die Unterschiede verstärkten sich im Verlauf der Zeit: Unter den wenigen Patienten, die nach 12 Monaten noch am Leben waren, wiesen 17 von 18 Patienten, die eine Ganzhirnbestrahlung erhalten hatten, eine kognitive Verschlechterung auf. Nach einer alleinigen Radiochirurgie hatte sich die kognitive Funktion dagegen „nur“ bei sechs von zehn Patienten verschlechtert. Die Chancen, die restliche Lebenszeit ohne kognitive Einschränkungen zu verbringen, waren deshalb nach der alleinigen Radiochirurgie höher.

Angesichts dieser Ergebnisse spricht sich Brown für den Verzicht auf eine Ganzhirnbestrahlung aus, dessen einziger Vorteil ein Hinauszögern der Tumorprogression (intrakranielles Versagen) war, die allerdings für die Patienten keine substanziellen Vorteile mit sich brachte. © rme/aerzteblatt.de

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