Politik
Terroranschläge: Sicherheitsdebatte tangiert auch ärztliche Gutachten
Donnerstag, 28. Juli 2016
Berlin – Nach den islamistischen Terroranschlägen von Würzburg und Ansbach ist eine politische Debatte darüber entbrannt, wie die Bevölkerung in Deutschland besser geschützt werden kann. Debattiert wird dabei auch über die Weitergabe ärztlicher Gutachten über Flüchtlinge an Sicherheitsbehörden.
Der Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Frank-Jürgen Weise, äußerte diesbezüglich Vorbehalte. Er verstehe, dass nach dem Anschlag von Ansbach unter Sicherheitsaspekten darüber diskutiert werde. „Eine Empfehlung dazu würde ich aber nicht abgeben.“ Die Weitergabe ärztlicher Daten wäre aus seiner Sicht sehr schwerwiegend.
Ein von einer Flüchtlings-Hilfsorganisation beauftragter Therapeut hatte im Februar 2015 den 27 Jahre alten syrischen Selbstmordattentäter aus Ansbach in einem Gutachten als suizidgefährdet eingestuft. Es sei ihm „durchaus zuzutrauen, dass er selbst seinen Selbstmord noch spektakulär in Szene setzt“, hieß es darin.
Bekannt wurde, dass die Therapie, in der sich der Attentäter befand, monatelang unterbrochen war. Im Januar 2016 sei sie zunächst beendet worden und habe erst vor wenigen Wochen fortgesetzt werden können, sagte die bayerische Sozialministerin Emilia Müller (CSU) in Gmund. Der Antrag auf Fortsetzung sei erst zehn Tage nach dem vorläufigen Ende zu Jahresbeginn gestellt worden.
Nachdem ein notwendiges Gutachten eingegangen war, habe das Sozialamt Ansbach die Fortsetzung der Therapie sofort genehmigt. „Allerdings hat sich dieses Gutachten enorm herausgezögert“, sagte Müller. Einen Grund dafür konnte sie nicht nennen. Eine Sprecherin der Stadt Ansbach wollte sich dazu nicht äußern.
In ihrer Sommerpressekonferenz verurteilte Bundeskanzlerin Merkel, die vorzeitig ihren Urlaub beendet hat, heute die Attentate als „islamistischen Terror“. „Diese Anschläge sind erschütternd, bedrückend und auch deprimierend“, sagte sie in Berlin. „Es werden zivilisatorische Tabus gebrochen. Die Taten geschehen an Orten, wo jeder von uns sein könnte.“
Zugleich sicherte Merkel zu, dass die Behörden alles tun würden, um die Taten aufzuklären. Sie kündigte unter anderem ein besseres Frühwarnsystem für Bedrohungen neben dem organisierten Terrorismus an. Dass die Anschläge von zwei Flüchtlingen begangen wurden, „verhöhnt das Land, das sie aufgenommen hat“, sagte Merkel – genauso die Helfer und Ehrenamtlichen und auch „die vielen anderen Flüchtlinge, die Hilfe vor Krieg und Gewalt bei uns suchen“.
Am Sonntagabend hatte der Syrer vor einem Konzertgelände in Ansbach eine Bombe gezündet. Er starb, 15 Menschen wurden verletzt. Wie bei dem Attentat in Würzburg am 18. Juli wird ein islamistischer Hintergrund für möglich gehalten. Dort hatte ein 17-jähriger Flüchtling – vermutlich aus Afghanistan – Menschen mit Axt und Messer angegriffen. © dpa/aerzteblatt.de

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