Medizin
Morbus Alzheimer: Tau-Aggregations-Inhibitor verfehlt Ziel in Phase-3-Studie (fast)
Donnerstag, 28. Juli 2016
Montreal – Ein Wirkstoff, der im Gehirn die Aggregation von Tau-Fibrillen verhindern soll, hat in einer Phase-3-Studie die Erwartungen nicht ganz erfüllt. Nach den Ergebnissen, die auf einer Fachtagung vorgestellt wurden, konnte der Tau-Aggregations-Inhibitor LMTX die kognitiven Fähigkeiten der Patienten im Frühstadium des Morbus Alzheimer nicht signifikant verbessern. In einer kleinen Untergruppe wurden jedoch Vorteile erzielt.
Der Morbus Alzheimer ist durch die Ablagerungen von Beta-Amyloiden und Tau-Fibrillen im Gehirn gekennzeichnet. Die Blockade dieser Proteine gilt als vielversprechender Ansatz in der Behandlung der Demenz, an der weltweit 46,8 Millionen Menschen leiden sollen. Die bisherigen Anstrengungen waren gegen Beta-Amyloide gerichtet. In den letzten Jahren wurden in randomisierten Studien nicht weniger als 19 Substanzen untersucht, die diese pathologischen Proteine entfernen sollten. Kein Wirkstoff, darunter die Antikörper Solanezumab und Bapineuzumab, konnte bisher überzeugen.
LMTX (früher TRx-237-015) gilt als das erste Mittel, das gegen die Ablagerung von Tau-Fibrillen gerichtet ist. Es handelt sich um eine Variante des Farbstoffs Methylenblau, der seit Langem in der Medizin zum Anfärben von Gewebeschnitten verwendet wird. Im Gehirn bindet Methylenblau an einzelne Tau-Fibrillen und verhindert ihre Aggregation. Nachdem Methylenblau bei transgenen Mäusen die Ablagerung von Tau-Fibrillen stoppte und in einer Phase-2-Studie vielversprechende Ergebnisse erzielte, begann der Hersteller TauRx Therapeutics aus Singapur eine größere Phase-3-Studie, an der an 115 Zentren in 16 Ländern (darunter drei in Deutschland) insgesamt 891 Patienten mit leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz teilnahmen. Sie wurden über 15 Monate mit der Methylenblau-Variante LMTX oder mit Placebo behandelt. Etwa 85 Prozent der Patienten hatten zuvor andere Medikamente erhalten, die sie im Verlauf der Studie weiter einnahmen.
Der primäre Endpunkt der Studie waren die Veränderungen in den Scores ADAS-Cog (Alzheimer’s Disease Assessment Scale cognitive subscale) und ADCS-ADL (Alzheimer’s Disease Cooperative Study-Activities of Daily Living), zwei Standardinstrumenten zur Beurteilung der kognitiven Fähigkeiten der Patienten.
zum Thema
- Pressemitteilung der Alzheimer’s Association
- Pressemitteilung des Herstellers
- Registrierung der Studie
- Pressemitteilung zur Wirkungsweise von Methylenblau
- Hintergrund zu Tau-Aggregations-Inhibitoren
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Die Studie ist inzwischen abgeschlossen und die Ergebnisse wurden jetzt auf der Alzheimer’s Association International Conference (AAIC 2016) in Toronto vorgestellt. Wie Serge Gauthier von der McGill University in Montreal berichtete, gab es in der Gesamtgruppe der Patienten keine Verbesserung gegenüber Placebo in den beiden primären Endpunkten. In einer im voraus geplanten Analyse der Patienten, die keine anderen Medikamente einnahmen, soll LMTX jedoch bessere Ergebnisse erzielt haben. Neben den kognitiven Fähigkeiten soll sich auch der funktionelle Status der Patienten verbessert haben, und in der Kernspintomographie soll die Hirnatrophie unter der Behandlung mit LMTX langsamer vorangeschritten sein.
Die Studie wurde noch nicht publiziert, so dass sich die Ergebnisse im Einzelnen noch nicht beurteilen lassen. Der Hersteller kündigte an, aufgrund der Ergebnisse eine Zulassung von LMTX als Monotherapie zu beantragen. Es bleibt aber abzuwarten, ob sich die Zulassungsbehörden darauf einlassen werden, zumal das Mittel ja gegenüber der derzeitigen Standardbehandlung keine Vorteile bietet. Die FDA wird möglicherweise eine weitere Studie verlangen. © rme/aerzteblatt.de

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