Ausland
Syrien: Internationale Rufe nach sofortigem Ende der Belagerung von Aleppo
Freitag, 29. Juli 2016
Aleppo – Angesichts der Not von schätzungsweise 250.000 im Ostteil der syrischen Stadt Aleppo eingekesselten Menschen drängt die internationale Gemeinschaft auf ein Ende der Belagerung durch die Regierungstruppen. Der UN-Syrienbeauftragte Staffan de Mistura bot heute an, die Vereinten Nationen könnten die Kontrolle über von Russland eingerichtete Hilfskorridore übernehmen. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warnte vor einer „furchtbaren humanitären Katastrophe“.
Russland richtete vier Hilfskorridore ein, nachdem die syrischen Regierungstruppen Aleppo vollständig umzingelt hatten. Zunächst trauten sich jedoch nur vereinzelte Zivilisten, die Korridore zu nutzen. „Wie soll man von irgendjemand erwarten, dass er durch einen Korridor läuft, während bombardiert und gekämpft wird?“, fragte de Mistura.
Hunderttausende Menschen seien in den belagerten Rebellenvierteln im Ostteil Aleppos von jeglicher Versorgung abgeschnitten, erklärte Steinmeier. Die Regierung in Damaskus betreibe ein „zynisches Spiel“, weil sie die Krise mit ihren „Flächenbombardements“ erst ausgelöst habe und nun „unabgesicherte Fluchtwege“ anbiete.
Steinmeier forderte die Regierung in Moskau eindringlich auf, gegenüber Damaskus eine Feuerpause für Aleppo durchzusetzen, mit den Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten und zusammen mit den internationalen Hilfsorganisationen den humanitären Zugang zu den Menschen in Aleppo möglich zu machen. Russland unterstützt in dem Bürgerkrieg den syrischen Machthaber Baschar al-Assad.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) erklärte, alle Menschen, die sich dafür entschieden „in Ost-Aleppo zu bleiben“, hätten Anspruch auf Schutz. Alle Konfliktparteien müssten Hilfsorganisationen Zugang gewähren.
Die Organisation Ärzte ohne Grenzen erklärte, der Hilfsbedarf sei stark angestiegen: „Vier Kliniken im Osten Aleppos, die Ärzte ohne Grenzen mit dringend benötigtem medizinischem Material versorgt hat, sind allein in dieser Woche beschädigt worden.“ Wenn die Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen nicht aufhörten, werde es im Osten Aleppos „bald keinerlei medizinische Versorgung mehr geben“.
Zuletzt wurde heute am frühen Abend im Westen Syriens eine stark frequentierte Geburtsklinik von Bomben getroffen und schwer beschädigt, teilte die Hilfsorganisation Save the Children mit, die das Krankenhaus in Kafar Tacharim in der Provinz Idlib unterstützt. Es habe mehrere Opfer gegeben, erklärte die Organisation, ohne jedoch nähere Angaben zu machen. Unklar blieb, ob der Angriff von syrischen oder von russischen Kampfjets ausging. Bislang verzeichnete die Klinik in Kafar Tacharim laut Save the Children im Schnitt 300 Geburten pro Monat. Nach Informationen der oppositionsnahen Beobachtungsstelle für Menschenrechte war das Krankenhaus nach dem Angriff „praktisch nicht mehr betriebsfähig“.
Die oppositionelle Syrische Nationale Koalition (SNC) erklärte, in Aleppo gehe es nicht mehr um „Kämpfe“, sondern um die „systematische Zerstörung der Stadt und ihrer Einwohner“. Aus den anderen syrischen Kampfgebieten wurde der Tod von mindestens 50 Zivilisten gemeldet. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte richteten Kämpfer der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) im Norden Syriens 24 Zivilisten hin. Bei Luftangriffen der Anti-IS-Koalition seien mindestens 41 Menschen getötet worden, darunter mindestens 28 Zivilisten, teilte die Beobachtungsstelle weiter mit. © afp/aerzteblatt.de

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