Medizin
Schon leichte Sehstörungen gefährden soziale Position
Montag, 1. August 2016
London – Nicht nur blinde Menschen haben Einschränkungen im Sozialleben. Eine Querschnittstudie in JAMA Ophthalmology (2016; doi: 10.1001/jamaophthalmol.2016.1778) zeigt, dass auch Menschen mit leichten Sehbehinderungen häufiger arbeitslos sind, allein leben oder psychisch erkrankt sind.
Der Verlust des Augenlichts ist eine so große Behinderung, dass die meisten Länder Blinde durch gesetzliche Maßnahmen unterstützen. Die Regelungen sind jedoch meistens auf Menschen mit schweren Sehstörungen (legale Erblindung) beschränkt, die eine für jedermann erkennbare Behinderung darstellen. Dass auch leichte Sehstörungen das Leben der Betroffenen erschweren, wird oft nicht erkannt.
Einen gewissen Einblick erlauben die Daten der UK Biobank, die bisher rund eine halbe Million Briten befragt und untersucht hat. Außerdem wurden Blut- und Harnproben für spätere Studien archiviert. Seit 2009 gehört auch ein Sehtest zu den Untersuchungen. Jugnoo Rahi und Phillippa Cumberland vom University College London haben die Ergebnisse mit den Angaben zur sozialen Position der Teilnehmer in Beziehung gesetzt.
Von den mehr als 112.314 Teilnehmern waren 759 erblindet oder sehr stark sehbehindert. Was gesunde Menschen in 19 Metern Entfernung sehen, konnten sie maximal aus sechs Metern erkennen (Snellen 6/19). Diese Personen waren erwartungsgemäß 3,48-fach häufiger arbeitsunfähig, 1,91-fach häufiger arbeitslos und wenn sie eine Arbeit hatten, waren dies meistens einfache, schlecht bezahlte Jobs. Diese Personen waren häufiger alleinstehend, wenn sie nicht gar in geschützten Wohneinrichtungen untergebracht waren.
Nach der Analyse von Rahi und Cumberland waren aber auch weniger stark Sehbehinderte häufiger sozial benachteiligt. Bei 23 Prozent aller Teilnehmer lagen leichte Behinderungen vor. Diese Personen waren zu 60 Prozent häufiger arbeitslos, sie verrichteten, wenn sie einen Job hatten, zu 20 Prozent häufiger einen einfachen Job und sie hatten zu 10 Prozent häufiger schon einmal professionelle Hilfe wegen psychischer Probleme in Anspruch genommen. Selbst Menschen mit Sehstörungen auf nur einem Auge waren signifikant häufiger sozial benachteiligt.
Die Beweiskraft einer Querschnittstudie ist zwar nicht allzu hoch. Rahi und Cumberland können letztlich nicht beweisen, dass die Sehstörungen für die Behinderungen verantwortlich sind. Die Dosis-Wirkungs-Beziehung – mit zunehmenden Sehstörungen stiegen die sozialen Behinderungen – spricht jedoch für eine Kausalität.
© rme/aerzteblatt.de

Alle Mann raus aus Deutschland...
Ich lebe in Deutschland, ich bin Deutscher und ich schäme mich dafür, denn ich kann mir keine Auswanderung leisten.

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