Medizin
Thrombozytopenie: „Low Level“-Laser stimuliert Bildung von Blutplättchen
Montag, 1. August 2016
Boston – Die Behandlung mit einem „Low Level“-Laser kann die Bildung von Blutplättchen stimulieren. Eine Ganzkörperbestrahlung hat in einer Studie in Science Translational Medicine (2016; 8: 349ra101) bei Mäusen eine Thrombozytopenie gelindert. Für Menschen gibt es derzeit keine geeigneten Behandlungsgeräte.
Blutplättchen oder Thrombozyten werden im Knochenmark von Megakaryozyten gebildet, eine der merkwürdigsten Zellen des menschlichen Körpers. Die riesigen Zellen, die über bis zu 64 vollständige Chromosomensätze verfügen, bilden fadenförmige Auswüchse, aus denen sich die Thrombozyten abschnüren.
Das rasche Wachstums der Zellen ist offenbar mit einem hohen Energieaufwand verbunden, denn die Megakaryozyten enthalten ungewöhnlich viele Mitochondrien, die den Energieträger ATP bilden. Ein ATP-Mangel, wie er bei angeborenen Mitochondriopathien wie dem IEX-1-Mangel auftritt, führt deshalb schnell zu einem Mangel an Blutplättchen, der Thrombozytopenie.
Zu den Wirkungen des „Low Level“-Lasers, einer in seiner Evidenz umstrittenen alternativmedizinischen Behandlung, gehört eine Stimulation der Mitochondrien. Dies brachte ein Team um Mei Wu vom Wellman Center for Photomedicine am Massachusetts General Hospital in Boston, die zuvor die Folgen des IEX-1-Mangels auf die Mitochondrien erforscht hatten, auf die Idee, die Wirkungen des „Low Level“-Lasers auf die Thrombozytenbildung zu einzusetzen.
Erste Laborexperimente zeigten, dass Megakaryozyten, die die Forscher aus dem Knochenmark gewonnen hatten, tatsächlich nach einer „Low Level“-Laserbestrahlung ihr Wachstum steigerten und vermehrt Thrombozyten bildeten. Dieser Effekt war abhängig von einer Steigerung der ATP-Produktion, die durch die „Low Level“-Laserbestrahlung im Labor induziert wurde. Nach der Re-Infusion der bestrahlten Megakaryozyten stiegen normalisierten sich bei den Mäusen die Thrombozytenwerte.
Da die „Low Level“-Laser durch die Knochenwände hindurch auch das Knochenmark erreichen, wurden in einem nächsten Experiment lebende Tiere bestrahlt. Auch hier kam es zu einer Steigerung der Thrombozytenbildung. Die Effekte wurden laut Mei bei Tieren gesehen, die nach einer Chemotherapie oder aufgrund einer Autoimmunerkrankung niedrige Thrombozytenwerte hatte. Bei gesunden Tieren stieg die Thrombozytenzahl nicht weiter an.
Diese auf eine Thrombozytopenie beschränkte Wirkung könnte die Bestrahlung mit einem „Low Level“-Laser zu einer komplikationsarmen Therapie der Thrombozytopenie machen. Bei bisherigen Behandlungen – etwa der chronischen Immunthrombozytopenie mit den Thrombopoietin-Agonisten Romiplostim und Eltrombopag – steigt bei Überdosierungen das Risiko auf thrombotische Komplikationen. Eine Bestrahlung mit einem „Low Level“-Laser könnte, so hofft das Team um Wei, frei von diesem Risiko sein.
Ob die Behandlung aber beim Menschen funktioniert, ist noch offen. Erste in vitro-Versuche verliefen zwar erfolgreich. Klinische Experimente an Menschen wurden jedoch bisher nicht durchgeführt, da es laut Wei derzeit kein geeignetes Bestrahlungsgerät gebe.
Vor einer klinischen Studie dürften auch deshalb weitere tierexperimentelle Studien notwendig werden, um die Sicherheit der Behandlung zu untersuchen. Wei hält es zwar für unwahrscheinlich, dass die Behandlung die ATP-Produktion in anderen Zellen, etwa in noch nicht diagnostizierten Tumoren stimuliert. Der experimentelle Beweis dafür steht jedoch noch aus. © rme/aerzteblatt.de

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