Medizin
Warum Nachtarbeit das Krebsrisiko erhöht
Freitag, 5. August 2016
New York – Gene, die die zirkadiane Rhythmik steuern, könnten möglicherweise auch als Tumorsupressoren fungieren. Das meinen Forscher der New York University School of Medicine, die zusammen mit Leitautor Thales Papagiannakopoulos in der Fachzeitschrift Cell berichten (doi:10.1016/j.cmet.2016.07.001).
Die Weltgesundheitsorganisation WHO stuft Nachtarbeit als „wahrscheinlich krebserregend“ ein. Dies gilt insbesondere für Brustkrebs. Beispielsweise haben Krankenschwestern, die wenigstens über 30 Jahre Nachtschichten besetzen, ein um rund 50 Prozent erhöhtes Risiko, in ihrem Leben an einem Mammakarzinom zu erkranken (doi:10.1093/occmed/kqr001).
Anhand der epidemiologischen Studien ist es laut Arbeitsgruppe aber schwierig, einen kausalen Zusammenhang zu belegen. Möglicherweise ist eine eingeschränkte Synthese des antioxidativ wirksamen Melatonins oder eine Störung physiologischer Reparaturprozesse für das erhöhte Risiko verantwortlich. Bisher mangelt es jedoch an Belegen für die pathogenetischen Mechanismen.
In ihrer Studie untersuchten die Forscher den Einfluss des Tag-Nacht-Rhythmus auf das Wachstum eines nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms bei Mäusen. Die Tiere besaßen einen genetischen Defekt, sodass sie den Tumor regelhaft entwickelten. In der ersten Mäusegruppe lebten die Tier jeweils zwölf Stunden bei Licht und Dunkelheit. Eine zweite Gruppe wurde alle zwei bis drei Tage zusätzliche acht Stunden dem Licht ausgesetzt. Es zeigte sich, dass die Mäuse mit der zusätzlichen Lichtexposition einen wesentlich schnelleren Tumorprogress zeigten.
In einer zweiten Versuchsanordnung setzten die Forscher die Mäuse wieder jeweils zwölf Stunden Licht und Dunkelheit aus. Diese Tieren fehlten jedoch die Gene BMAL1 und PER2, welche die zirkadiane Rhythmik steuern. PER2 codiert für ein Protein, dessen Expression bei einigen Leukämie-Patienten erniedrigt ist. Aus klinischen Studien wussten die Forscher außerdem, dass Patienten mit Lungentumoren oft eine erniedrigte Expression der beiden Gene im Tumorgewebe aufweisen.
Bei diesen Tieren beschleunigte sich das Tumorwachstum deutlich. Durch das Ausschalten der Gene kam es in den Zellen der Tiere zu einer Akkumulation von MYC. Das Protein und sein codierendes Protoonkogen versetzen Zellen in einen Zustand, der die Zellproliferation fördert.
Die Forscher schließen aus ihrer Daten dass eine Störung der zirkadianen Rhythmik möglicherweise eine Fehlfunktion von Genen verursacht, die das Zellwachstum und den Tag-Nacht-Rhythmus steuern.
© hil/aerzteblatt.de

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