NewsMedizinZervixcerclage: Geflochtenes Nahtmaterial könnte Fehl- und Totgeburten auslösen
Als E-Mail versenden...
Auf facebook teilen...
Twittern...
Drucken...

Medizin

Zervixcerclage: Geflochtenes Nahtmaterial könnte Fehl- und Totgeburten auslösen

Sonntag, 7. August 2016

London - Die Wahl des Nahtmaterials beeinflusst möglicherweise den Erfolg einer Zervixcerclage. Nach einer Studie in Science Translational Medicine (2016; 8: 350ra102) kann ein heute bevorzugtes geflochtenes Band die Zusammensetzung der Vaginalflora stören, was die dreifach höhere Rate von Früh- oder Totgeburten in einer retrospektiven Studie erklären würde.

Eine Zervixcerclage soll bei Frauen mit einem erhöhten Risiko auf eine Frühgeburt den Zervikalkanal stabilisieren und eine aufsteigende Infektion von Vaginalkeimen verhindern. Die Operation ist ein Routineeingriff, der weltweit jährlich zwei Millionen Mal durchgeführt wird. Ursprünglich wurde ein monofiles Nahtmaterial verwendet. Heute bevorzugen viele Gynäkologen ein Band aus mehreren (wie bei einen Schnürsenkel) verflochtenen Fäden. dies vereinfacht die Anlage und nach Ansicht der meisten Gynäkologen auch die Stabilität der Zervixcerclage.

Forschern des Imperial College London war jedoch aufgefallen, dass es nach der Verwendung des geflochtenen Nahtmaterials häufiger zu Komplikationen kam. Eine retrospektive Analyse von 671 Patienten aus fünf Kliniken bestätigte diesen Eindruck. Nach der Verwendung des geflochtenen Bandes kam es bei 28 Prozent der Frauen zu einer frühzeitigen Geburt und bei 15 Prozent zu einem intrauterinen Tod. Bei einer Zervixcerclage mit monofilem Nahtmaterial wurden nur 17 Prozent zu früh und 5 Prozent tot geboren.

Ein Team um David McIntyre begab sich auf die Ursachensuche. Dazu wurden 49 Frauen, bei denen eine Zervixcerclage indiziert war, auf die Verwendung eines der beiden Nahtmaterialien randomisiert. Vor der Operation sowie nach vier, acht und 16 Wochen wurde die Zusammensetzung der Vaginalflora untersucht. Wie die jetzt veröffentlichten Ergebnisse zeigen, hatte die Verwendung des geflochtenen Bandes (Mersilene von Ethicon) eine deutliche Dysbiose zur Folge: Die Milchsäurebakterien, die normalerweise die Vaginalflora dominieren, waren von anderen Keimen verdrängt worden, die als Krankheitserreger bekannt sind.

Diese Erreger könnten, so die Hypothese, trotz der Zervixcerclage den Weg in den Uterus finden und dort eine Früh- oder Totgeburt auslösen. Für diese Annahme spricht auch, dass die Verwendung geflochtener Fäden mit einem Anstieg von entzündlichen Zytokinen in der Vaginalflüssigkeit assoziiert war. Bei den Ultraschalluntersuchungen wurden auch Durchblutungsstörungen im Bereich der Zervix gesehen. McIntyre vermutet, das die vergrößerte unebene Oberfläche des geflochtenen Bandes die Ansiedlung von Bakterien erleichtert, was die Dysbiose und die entzündliche Reaktion erklären könnte. 

Die Reihe von Indizien ist aber noch kein abschließender Beweis dafür, dass die Nachteile des geflochtenen Nahtmaterials überwiegen. Auch die Ergebnisse von retrospektiven Studien können täuschen. Die britischen Gynäkologen haben deshalb unter der Leitung der Universität Birmingham eine randomisierte prospektive Studie begonnen, in der die beiden Nahtmaterialien miteinander verglichen werden.

© rme/aerzteblatt.de

Kommentare

Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.
LNS
VG WortLNS

Fachgebiet

Stellenangebote

    Weitere...

    Aktuelle Kommentare

    Archiv

    NEWSLETTER