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Medizin

Neuer Wirkstoff für drei Tropenkrankheiten entwickelt

Dienstag, 9. August 2016

San Diego – Ein Wirkstoff, der im Kinetoplast, einem besonderen Mitochondrium von Parasiten, die Funktion des Proteasoms hemmt, könnte nach präklinischen Studien in Nature (2016; doi: 10.1038/nature19339) gleich gegen drei Tropenkrankheiten wirksam sein, an denen weltweit 20 Millionen Menschen leiden und an denen jährlich mehr als 50.000 Menschen sterben.

Chagas-Krankheit, Leishmaniose und die afrikanische Trypanosomiasis („Schlaf­krankheit“) gehören zu den vernachlässigten Tropenerkrankungen, für die es bislang keine befriedigende Therapie gibt. Die Chagas-Krankheit, die in Lateinamerika verbreitet ist, lässt sich nur im Anfangsstadium mit Nifurtimox und Benznidazol erfolgreich behandeln.

Auch die Leishmaniose, die in 88 Ländern verbreitet ist – darunter auch die derzeitigen Transitländer für Flüchtlinge in Nordafrika – kann trotz einer größeren Anzahl von Medikamenten bei einem Befall innerer Organe (viszerale Leishmaniose) tödlich verlaufen. Bei der afrikanischen Trypanosomiasis (Schlafkrankheit) kommt jede Hilfe zu spät, wenn die Parasiten sich im Gehirn ausgebreitet haben.

Die drei Erkrankungen werden durch einzellige begeißelte Parasiten ausgelöst: die Chagas-Krankheit durch Trypanosoma cruzi, die Leishmaniasis durch verschiedene Leishmania-Arten und die Schlafkrankheit durch Trypanosoma brucei. Die Erreger sind biologisch verwandt. Alle drei besitzen in der Nähe der Geißel ein einzelnes Mitochon­drium, das mit einer auffälligen DNA beladen ist, den Kinetoplast. Die drei Parasiten werden deshalb auch als Kinetoplastea bezeichnet.

Das Kinetoplast ist der Angriffspunkt einer Substanz, die ein Team um Frantisek Supek vom Genomics Institute der Novartis Research Foundation in San Diego jetzt bei einem Screening von etwa 3 Millionen Substanzen gefunden hat und die danach durch Design und Synthese von etwa 3.000 Varianten in seiner Wirkungsweise verbessert wurde. 

GNF6702 kurierte in ersten Experimenten Mäuse von einer viszeralen Infektion mit L. donovani, wo es deutlich besser wirksam war als Miltefosin, das derzeit einzige oral wirksame Mittel zur Behandlung der viszeralen Leishmaniose. Auch eine kutane Leishmaniose konnte mit dem Mittel effektiv behandelt werden.

Bei Mäusen mit der Chagas-Krankheit war GNF6702 in einer zehnfach geringeren Konzentration wirksam als Benznidazol, ein derzeit in Lateinamerika bevorzugtes Medikament. Bei der afrikanischen Trypanosomiasis war GNF6702 bei den Versuchstieren auch dann noch wirksam, wenn sich die Parasiten im Gehirn ausgebreitet hatten. Nach sieben Tagen Behandlung waren die Parasiten aus dem Gehirn verschwunden und die Tiere geheilt. 

Um den Wirkungsmechanismus zu ermitteln, versuchten die Forscher, durch unterschwellige Gabe von GNF6702 Resistenzen zu induzieren. Dies gelang bei L. donovani auch nach 12 Monaten nicht, während T. cruzi sich anfälliger zeigte. Zwei Stämme wurden resistent. Der genetische Vergleich zeigt, dass das verantwortliche Gen einen Bestandteil des Proteasoms kodiert.

Die weiteren Untersuchungen zeigten, dass GNF6702 das Proteasom im Kinetoplasten angreift. Dies dürfte erklären, warum es bei allen drei Tropenkrankheiten wirkt. Die Substanz wird aktuell ersten toxikologischen Tests bei Tieren unterzogen. Die Forscher fanden außerdem heraus, dass Bortezomib, ein zur Behandlung des Multiplen Myeloms zugelassenes Arzneimittel auch gegen die Parasiten wirksam sein könnte. Hier wären klinische Tests ohne weitere toxikologische Studien möglich. © rme/aerzteblatt.de

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