Ärzteschaft
Neue Leitlinie soll Interventionen bei Suizidalität im Jugendalter verbessern
Dienstag, 9. August 2016
Marburg – Eine umfassend überarbeitete Leitlinie zur Intervention bei Suizidalität im Kindes- und Jugendalter haben die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP) und die Philipps-Universität Marburg vorgelegt. Koordinatorin der Neuauflage ist Katja Becker, Direktorin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Universitätsklinikums Marburg. „Klassifikation, Epidemiologie, spezifische Diagnostik und die verschiedenen Interventionen wurden umfassend dargestellt“, erklärte Becker. Zudem habe die Leitlinienarbeitsgruppe ein Kapitel zur Vor- und Nachsorge neu aufgenommen.
Suizidalität ist nach Unfällen die häufigste Todesursache im Jugendalter. Zur Suizidgedanken und -absichten liegen laut Leitlinie in Deutschland nur begrenzt Daten vor. „Aber Gedanken an den Tod oder Suizidgedanken unter Kindern und Jugendlichen scheinen relativ häufig zu sein“, heißt es in der Leitlinie. In der sogenannten Heidelberger Schulstudie von 2007 berichteten 14,4 Prozent der 14 bis 15-jährigen Schüler von Suizidgedanken in der Vergangenheit.
Offenbar bestehen deutliche Geschlechtsunterschiede hinsichtlich der Prävalenz von Suizidgedanken im Jugendalter. Während in der Heidelberger Schulstudie 19,8 Prozent der Mädchen Suizidgedanken angaben, waren es bei den Jungen nur 9,3 Prozent. Nach den Angaben der Befragten werden diese Gedanken aber deutlich weniger als im Erwachsenenalter in konkrete Suizidpläne umgesetzt. Allerdings berichten in stationären kinder- und jugendpsychiatrischen Populationen 70,4 Prozent der jungen Menschen über konkrete Suizidgedanken.
„Wichtig für die Praxis ist zu wissen, dass insbesondere im Kindes- und Jugendalter nicht vorschnell von der Methode eines Suizidversuchs auf die Ernsthaftigkeit beziehungsweise den Schweregrad der Suizidalität geschlossen werden kann“, heißt es in der Leitlinie – insbesondere bei Jüngeren oder unterdurchschnittlich begabten Jugendlichen. Selbst einer aus ärztlicher Sicht objektiv nicht lebensbedrohlichen Handlung könne ein starker Suizidwunsch zugrunde liegen, so die Autoren.
© hil/aerzteblatt.de

Nachrichten zum Thema


Kommentare
Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.