Ärzteschaft
Sicherstellung der ambulanten Versorgung in Sachsen: Es ist fünf vor zwölf
Donnerstag, 11. August 2016
Dresden – Sachsen braucht eine breit angelegte Förderinitiative, um das hohe ambulanten Versorgungsniveau im Land zu halten. Die Förderung sollte stark auf die jeweilige Region abgestimmt sein und nicht nach dem Gießkannenprinzip erfolgen. Das sind zwei Ergebnisse eines Gutachtens, das das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi) im Auftrag des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz erstellt hat. Es soll den Entscheidungsträgern in Land, Kommunen und Krankenkassen Hinweise darauf geben, welche Regionen Sachsens bis zum Jahr 2030 eine besondere Förderung benötigen.
„Auf die Folgen des demografischen Wandels und die daraus resultierende Entwicklung des Ärzte- und Versorgungsbedarfes gibt es nicht die eine Lösung für alles. Wir brauchen vielfältige und regional unterschiedlich wirkende Antworten“, sagte Staatsministerin Barbara Klepsch (CDU) bei der Vorstellung des Gutachtens.
Die Zi-Wissenschaftler haben darin die ambulante medizinische Versorgungssituation in allen 47 Mittelbereichen Sachsens beschrieben – für die hausärztliche Versorgung und die einzelnen Facharztrichtungen. Zusammen mit Daten der sogenannten sechsten regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung haben sie daraus den ambulanten Versorgungs- und damit Ärztebedarf bis in das Jahr 2030 abgeleitet.
Danach wird sich die nach heutiger Bedarfsplanung geltende Überversorgung in den Ballungszentren rasch relativieren. „Es wäre daher verfehlt, hier Praxissitze abzubauen, zumal durch den medizinischen Fortschritt immer mehr Krankheiten ambulant behandelbar werden und somit neue Anforderungen an niedergelassene Mediziner entstehen“, erläuterte der Zi-Geschäftsführer Dominik von Stillfried.
In den ländlichen Regionen – im Gutachten „Abwanderungsregionen“ genannt – werde es hauptsächlich darum gehen, frei werdende Praxissitze nachzubesetzen. „Kann die ambulante Versorgung weitgehend erhalten werden, dürften sich keine Sicherstellungsprobleme ergeben“, so von Stillfried. Allerdings brauche es dafür „neue Antworten ergänzend zu intensivierten bestehenden Ansätzen“, betonte der Zi-Geschäftsführer. Er meint damit einen regional abgestimmten Mix aus Förderinstrumenten und Anreizen für die Niederlassung.
„Wir stehen damit vor der Aufgabe, gemeinsam Maßnahmen zu verabreden, die geeignet sind, nicht nur den notwendigen ärztlichen Nachwuchs für eine Niederlassung oder Anstellung, vor allem in den ländlichen Regionen zu begeistern, sondern auch eine gute ambulante medizinische Versorgung im ländlichen Raum sicherzustellen“, sagte die Ministerin. Dafür sollen jetzt Expertengruppen diejenigen Regionen aufgreifen, in denen es laut Gutachten in den kommenden Jahren kritisch wird. Für diese Modellregionen sollen Staatsregierung, Kommunen und Selbstverwaltung gemeinsam die nächsten Schritte entwickeln.
Landesärztekammer: Kliniken nicht vergessen
Unterdessen warnte die Ärztekammer des Landes davor, ausschließlich die ambulante Versorgung zu betrachten. „Das Gutachten analysiert und prognostiziert leider nur den ambulanten Versorgungsbedarf. Notwendig ist jedoch auch die Einbeziehung der Krankenhäuser, denn nur sektorenübergreifende Konzepte können unsere Probleme der Zukunft lösen“, sagte der Präsident der Sächsischen Landesärztekammer, Erik Bodendieck. Er wies in diesem Zusammenhang auf die Nachwuchsinitiative „Ärzte für Sachsen“, hin.
Bereits seit dem Jahr 2009 hätten sich darin zahlreiche Partner des sächsischen Gesundheitswesens dafür eingesetzt, Ärztenachwuchs zu gewinne. „Mit Erfolg, wie wir heute feststellen können. Denn der Anteil der jungen Ärzte ist im Vergleich zu den Jahren vor 2009 überproportional angestiegen“, so Bodendieck.
Das Netzwerk umfasst 157 Partner und bündelt Fördermaßnahmen für Ärzte und Medizinstudierende. Es spricht den ärztlichen Nachwuchs und Ärzte gezielt an. Mit eigens produzierten Filmen und Versorgungskonzepten wird der Beruf des Hausarztes sowie die ärztliche Tätigkeit in ländlichen Krankenhäusern vorgestellt. Weitere Maßnahmen für den psychiatrischen Bereich und für Kinderärzte sind in Vorbereitung.
© hil/aerzteblatt.de

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