Politik
Organtransplantation: Verfassungsgericht lehnt Beschwerde auf effektiven Rechtsschutz ab
Freitag, 12. August 2016
Karlsruhe – Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat eine Verfassungsbeschwerde über rechtliche Probleme im Rahmen von Organtransplantationen nicht zur Entscheidung angenommen. In der Klage ging es unter anderem um die Frage, ob der Rechtsschutz einer Patientin beschnitten wurde. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz, die die Verfassungsklage unterstützt hat, bemängelte, Patienten auf der Warteliste erhielten nicht die vollen Bürgerrechte und hätten keinen wirksamen Rechtsschutz.
Die Verfassungsrichter sehen dies anders und wiesen die Klage ab. Sie entschieden, der im Grundgesetz festgeschriebene Anspruch auf einen effektiven Rechtsschutz könne vom Vorliegen schutzwürdiger Interessen abhängig gemacht werden. Die BverfG-Richter sahen keinen Anlass einzuschreiten, weil es Betroffenen grundsätzlich möglich sei, sich mit einer Klage zur Wehr zu setzen. Wenn es um Leben und Tod gehe, seien die Gerichte auch verpflichtet, darüber im Eilverfahren zu entscheiden.
Im konkreten Fall ging es um eine Frau, die eine Spenderniere benötigte und auf der Warteliste des Münchner Universitätsklinikums stand. Nach einem Untersuchungs- und Besprechungstermin gab es Streit zwischen dem Ehemann und dem chirurgischen Leiter für Nierentransplantationen. Der Ehemann beschwerte sich zuletzt in einer E-Mail an den Arzt, die mit dem Satz schloss: „Ich nehme an, dass ich mich mit der Beantwortung meiner Fragen nicht an die Klinikleitung bzw. die KV oder Ähnliches wenden muss.“
Daraufhin erklärte der Arzt eine vertrauensvolle Behandlung der Patientin sei „nicht mehr möglich“. Aus diesem Grunde werde er die Frau ab sofort bei Eurotransplant als „nicht transplantabel“ melden. Patienten mit dieser Einstufung werden bei der Organvergabe nicht berücksichtigt. Die Frau klagte. Zu einer Entscheidung der Verwaltungsgerichte kam es nicht mehr, weil die Frau in der Zwischenzeit in einer anderen Klinik eine neue Niere bekommen hatte. Nach Auffassung der Karlsruher Richter ist daran nichts auszusetzen. Nach der Transplantation sei es nicht mehr geboten gewesen, die Maßnahme des Arztes gerichtlich zu überprüfen.
Das Verfassungsgericht räumte in seinem Beschluss aber auch ein, dass der Rechtsweg „nicht abschließend geklärt“ sei. Dass das in dem Fall zu Nachteilen geführt hätte, sei jedoch nicht ersichtlich. Die Kammer erinnerte dennoch an das Gerichtsverfassungsgesetz. Darin heißt es: „Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.“ In dringenden Fällen dieser Art müssten Gerichte „binnen kürzester Zeit“ Eilrechtsschutz gewähren und auch bei „unklarer Rechtsweglage“ sicherstellen, mahnte das BVerfG.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz bemängelte nach dem Beschluss, es bleibe auch künftig unklar, wohin sich Patienten zu wenden hätten. „Die Entscheidung hilft Betroffenen überhaupt nicht weiter“, so Vorstand Eugen Brysch. Er forderte den Gesetzgeber auf, Klarheit zu schaffen und einen Rechtsweg vorzuschreiben. © may/kna/dpa/aerzteblatt.de

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