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Politik

Kritik an Wahlrechtsstudie des BMAS

Donnerstag, 18. August 2016

/dpa

Bochum – Das Bochumer Zentrum für Disability Studies (BODYS), eine Einrichtung der Evangelischen Hochschule RWL (EvH RWL), hat die Bundesregierung aufgefordert, die „menschenrechtswidrigen Wahlrechtsausschlüsse von knapp 85.000 Menschen mit Be­hinderungen in Deutschland im Bundes- und Europawahlgesetz“ ersatzlos abzu­schaffen. Anlass der Forderung ist eine Studie zum aktiven und passiven Wahlrecht, die das Bun­desministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) veröffentlicht hat.

„Durch die Studie gibt es endlich empirische Aussagen über das erschreckend hohe Aus­maß und die unterschiedliche regionale Verteilung des Ausschlusses“, sagte BODYS-Leiterin Theresia Degener. Es sei in Anbetracht der eindeutigen Regelungen der UN-Behindertenrechtskonvention und der eindeutigen Aussagen des UN-Aus­schusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen nicht nachvollziehbar, dass die Autoren der Studie als Handlungsoption eine einzelfallbezogene Neuregelung über das geltende Betreuungsrecht vorschlagen.

„Die einzige Option ist die ersatzlose Streichung der entsprechenden Passagen in den Wahlgesetzen, wie es bereits die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein für ihre Landeswahlgesetze Mitte Juni richtigerweise vorgemacht haben", so Degener.

Das Anknüpfen der Studie an einem medizinischen Modell von Behinderung und der Zu­lassung zur Wahl aufgrund einer vermuteten Entscheidungs- oder Nichtentscheidungs­fähigkeit sei überaus bedenklich, verwies die Leiterin. Wenig nachvollziehbar sei, warum die Studie sich in der Betrachtung von Behinderung an die ICD-10, also an ein medi­zi­nisch-diagnoseorientiertes Klassifikationssystem an­lehne.

Behinderung sei aber nicht die allein körperliche oder seelische Beeinträchtigung eines Individuums, sondern das Vorhandensein gesellschaftlicher Barrieren und die dadurch entstehenden Einschränkungen eines Individuums. Das stellte die Bundesregierung be­reits im letzten Teilhabebericht 2013 fest, unterstrich Degener.

„Die Wahlrechtsstudie ignoriert bedauerlicherweise die Bedeutung des aktuellen men­schenrechtlichen Modells von Behinderung und kommt somit zu einem zweifelhaften Er­gebnis", kritisierte sie. Deshalb sei es das Gebot der Stunde, das bestehende Wahlrecht neu zu fassen, damit es bei der Bundestagswahl 2017 keinerlei generalisierte Wahl­rechts­­ausschlüsse mehr gebe, betonte Degener. © hil/sb/aerzteblatt.de

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