Medizin
Afrika: Zwei Salmonellen-Stämme erklären häufige invasive Erkrankungen
Dienstag, 23. August 2016
Cambridge - Eine weltweite genetische Untersuchung von Salmonella Enteritidis hat herausgefunden, warum das Bakterium in westlichen Ländern in der Regel nur Durchfallerkrankungen auslöst, während es in Afrika häufig zu invasiven Salmonellosen mit tödlichem Verlauf kommt. Der Erreger hat dort sein genetisches Make up verändert, so dass die Forscher in Nature Genetics (2016; doi:10.1038/ng.3644) von zwei eigenständigen Erregerstämmen sprechen.
Salmonellen gehören in Deutschland zu den häufigsten „Lebensmittelvergiftungen“. Laut dem Robert Koch-Institut wurden 2015 insgesamt 16.222 Salmonellen-Erkrankungen gemeldet, von denen nur 17 tödlich endeten. In Afrika ist dies anders. Dort greifen die Darminfektionen häufig auf den gesamten Körper über. Es kommt zu einer invasiven nontyphoidalen Salmonellose (iNTS), die nicht selten tödlich verläuft. Schätzungen zufolge sterben jährlich 681.000 Menschen an einer iNTS, die meisten davon in Afrika.
Die Invasivität und Letalität der Salmonellen wurde bisher auf Unterernährung, Malaria und fortgeschrittene HIV-Infektionen zurückgeführt, bei denen das Immunsystem die Infektion nicht mehr auf den Darm beschränken kann. Die Untersuchung von Nicholas Feasey, Universität Cambridge, und Mitarbeitern zeigt jedoch, dass die Erreger sich in Afrika genetisch stark verändert haben, was die höhere Invasivität verklären könnte.
Die Forscher haben in 675 Proben die komplette Gensequenz von S. Enteritidis untersucht, der weltweit wichtigsten für den Menschen pathogenen Subspezies. Die Isolate stammen aus 45 Ländern und sechs Kontinenten und sie wurden über einen Zeitraum von 1948 bis 2013 archiviert. Dadurch konnte nicht nur die Verbreitung, sondern auch die genetische Entwicklung des Erregers in mehr als 60 Jahren untersucht werden.
Die Ergebnisse zeigen, dass sich S. Enteritidis in Afrika deutlich anders entwickelt hat als auf den anderen Kontinenten. In den Ländern südlich der Sahara haben sich zwei eigenständige Stämme herausgebildet. Einer ist vor allem in Westafrika, der andere in Zentral- und Ostafrika verbreitet. Die Bakterien beider Stämme haben (durch Phagen) eine Reihe von Virulenzfaktoren erworben, die ihnen den Übertritt vom Darm in die Blutgefäße erleichtern. Diese Spezialisierung geht laut Feasey so weit, dass die afrikanischen Salmonellen sogar auf einige Gene verzichten können, die für ein längeres Überleben im Darm notwendig ist. Diese Gene sind in den Bakterien so weit mutiert, dass sie keine funktionellen Proteine mehr kodieren.
Diese Spezialisierung auf invasive Infektionen ist laut Feasey auch eine Folge der HIV-Infektionen und anderer Faktoren, die schwere Infektionen erleichtern. Gleichzeitig wird die Therapie der invasiven Salmonellosen dadurch erschwert, dass die Erreger einige Resistenz-Gene erworben haben. Alle Isolate aus West- und Ostafrika waren gegen mindestens vier Antibiotika resistent, 93 Prozent sogar gegen sieben oder mehr Antibiotika. Beim westafrikanischen Stamm betrug der Anteil multiresistenter Stämme 80 Prozent.
Chloramphenicol, ein früher häufig eingesetztes Antibiotikum, hat in Afrika schon seit längerem seine Wirksamkeit eingebüßt. Aber auch Resistenzen gegen Tetrazykline und Penicilline sind weit verbreitet. Feasey hält es nur noch für eine Frage der Zeit, bis auch Cephalosporine, die letzten derzeit noch wirksamen Antibiotika, bei invasiven Salmonellosen wirkungslos sind. © rme/aerzteblatt.de

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