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Ausland

Naher Osten: Arabischer Frühling senkt Lebenserwartung

Donnerstag, 25. August 2016

/dpa

Seattle – In Ägypten, dem Jemen, Libyen, vor allem aber in Syrien ist die Lebenser­war­tung der Bevölkerung infolge der Konflikte im Schatten des Arabischen Frühlings ge­sun­ken. Andere Länder des Nahen Ostens haben laut einer Studie in Lancet Global Health (2016; doi: 10.1016/S2214-109X(16)30168-1) eher mit Übergewicht, Hypertonie und ei­ner Zunahme von Diabetes-Erkrankungen zu kämpfen.

Kriege und gesellschaftliche Umbrüche sind in der Regel schlecht für den Gesund­heits­zustand der Bevölkerung. Zuletzt hatte dies Russland erfahren, wo es nach dem Ende der Sowjetunion vor allem bei den Männern zu einem Rückgang der durchschnittlichen Lebenserwartung um mehr als sechs Jahre kam (auf unter 58 Jahre in 1994). In Syrien lebten Männer damals deutlich länger.

Dies änderte sich nach dem Beginn des Bürgerkriegs. Innerhalb weniger Jahre sank die durchschnittliche Lebenserwartung der Männer von 75 auf 69 Jahre, ein Verlust von sechs Jahren. Bei den Frauen kam es zu einem Rückgang von 80 auf 75 Jahre, wie Ali Mokdad vom Institute for Health Metrics and Evaluation in Seattle und Mitarbeiter jetzt aufgrund der Daten der Global Burden of Disease Study 2013 recherchiert haben. Auch in Tunesien, Ägypten und dem Jemen kam es zwischen 2010 und 2013 zu einem Rück­gang der Lebenserwartung um etwa drei Monate (im Jemen dürfte sich die Entwicklung infolge des Krieges seither weiter verschlechtert haben).

Andere Länder, die Konflikte überwunden haben, verzeichnen dagegen einen Anstieg der Lebenserwartung. Am deutlichsten war die Erholung im Libanon, wo die Lebenser­war­­tung in beiden Geschlechtern zusammen seit 1990 von 65,3 auf 71,5 Jahre in 2013 gestiegen ist. Auch in Afghanistan ist – trotz kriegerischer Konflikte – die Lebenser­war­tung gestiegen: Bei Männern von 49,0 auf 56,5 Jahre und bei Frauen von 48,8 auf 56,0 Jahre. Afghanistan hat dennoch die niedrigste Lebenserwartung aller 22 untersuchten Länder des Nahen Ostens. Am längsten leben Männer mit 81,2 Jahren und Frauen mit 83,1 Jahren in Katar.

Katar hat, wie auch die anderen Länder der arabischen Halbinsel, heute ganz andere gesundheitliche Probleme als die Krisenländer. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Verkehrsunfälle und psychische Probleme haben dort Unterernährung und Infektionen als häufigste Todesursachen abgelöst.

Auch Diabetes ist im Nahen Osten zu einem Problem geworden. Die Zahl der Todesfälle durch Diabetes ist zwischen 1990 und 2000 von 12 auf 19 pro 100.000 angestiegen. Die arterielle Hypertonie ist der führende Risikofaktor der Bevölkerung. Mokdad ermittelt ei­nen Anstieg um 83 Prozent seit 1990. Ein zu hoher Blutdruck war 2013 für 7,7 Prozent der Krankheitslast verantwortlich. Für Übergewicht und Adipositas betrug der Anstieg 28 Prozent und der Anteil an der Krankheitslast 7,5 Prozent.

Herzerkrankungen waren 2013 im gesamten Nahen Osten die Todesursache Nummer eins (Anstieg um 17 Prozent; verantwortlich für rund 9,5 Prozent aller Todesfälle im Jahr 1990 und 15 Prozent im Jahr 2013). Herzerkrankungen haben damit Durchfall­erkran­kun­gen überholt. Deren Anteil an allen Todesfällen ist von 9,8 Prozent (1990) auf 3,8 Pro­zent im Jahr 2013 zurückgegangen. Auch Infektionen der Atemwege sind für weniger Todesfälle verantwortlich als 1990. Mokdad ermittelt einen Rückgang von 9,7 auf 5,8 Prozent. Gleichzeitig bleiben Infektionen ein ernst zu nehmendes Risiko – vor allem für Pilger. Mokdad erinnert daran, dass es bei den Wallfahrten nach Mekka oder auch nach Ashura (im Irak) immer wieder zu Epidemien kommt. In der Vergangenheit waren dies Polio und Meningitis, in Zukunft könnte MERS zu einem Problem werden. Die Sitte, sich zur Begrüßung zu küssen und das Essen mit anderen Menschen zu teilen, könnte dabei die Übertragung der Krankheitserreger erleichtern.

Zugenommen haben übrigens auch psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angst sowie – trotz drakonischer Strafen – der Drogenkonsum. Und die Zahl der Menschen, die wie in westlichen Ländern unter Rücken-und Nackenschmerzen leiden, ist seit 1990 ebenfalls stetig gestiegen. © rme/aerzteblatt.de

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