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Medizin

Otulipenie: Neu entdeckter Gendefekt führt zu schwersten Entzündungen

Montag, 29. August 2016

Bethesda – US-Genforscher haben zum zweiten Mal einen Gendefekt entdeckt, der die Wirkung von Deubiquitinasen hemmt. Diese Enzyme verhindern den Abbau von Proteinen in der Zelle. Ihr Ausfall hat laut der Studie in den Proceedings of the National Academy of Sciences (2016; doi: 10.1073/pnas.1612594113) schwere Entzün­dungsreaktionen im Körper zur Folge.

Die Möglichkeit, alle proteinkodierenden Gene innerhalb kurzer Zeit zu sequenzieren, hat die Arbeit von Humangenetikern deutlich erleichtert. Wenn der Stammbaum auf eine Erbkrankheit hinweist, führt häufig der Vergleich des Erbguts vom Patienten und anderen Familienmitgliedern zur Entdeckung eines Gendefekts. Durch den Einbau des Gendefekts in gesunde Zellen oder in ein Tiermodell können die Forscher dann klären, ob der Defekt tatsächlich für die Symptome der Patienten verantwortlich sein kann. 

Auf diese Weise ging auch ein Team um Daniel Kastner vom US-National Human Genome Research Institute in Bethesda im Staat Maryland vor. Es wollte die Ursache der Symptome von drei Kindern klären, die aus nicht verwandten pakistanischen und türkischen Familien stammten. Alle Kinder waren aus der Verbindung von blutsver­wandten Eltern hervorgegangen. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder von beiden Elternteilen das gleiche Allel erhalten, dessen Zusammentreffen dann eine autosomal rezessive Erkrankung auslöst.

Die drei Kinder zeigten ähnliche Symptome. Alle drei litten seit ihrer Geburt immer wieder grundlos an Fieber, das von Hautausschlägen, Durchfall und von Gelenkschmerzen begleitet war. Alle drei Kinder blieben in der allgemeinen Entwicklung zurück.

Den verantwortlichen Gendefekt entdeckten die Forscher schließlich auf dem Chromosom 5 im Gen OTULIN. Das Gen enthält die Erbinformation für eine Deubiquitinase. Diese Enzyme entfernen von Proteinen eine Markierung (Ubiquin), die die Proteine dem Abbau in den Proteasomen zuführt, der Müllentsorgung der menschlichen Zellen. Wenn OTULIN ausfällt, kommt es zum verstärkten Abbau von Proteinen, was bei den betroffenen Patienten eine starke Entzündungsreaktion zur Folge hatte, die die Symptome erklärt.

Die Experimente an menschlichen Zellkulturen bestätigten, dass der Gendefekt zu einer vermehrten Bildung von Zytokinen führt, die die Entzündungsreaktion vorantreiben. Unter diesen Zytokinen war auch der Tumornekrose-Faktor (TNF).

Zwei der drei Kinder wurden erfolgreich mit TNF-Inhibitoren behandelt. Bei einem Kind wirkt Infliximab, bei dem anderen Kind haben sich die Entzündungen unter der Therapie mit Etanercept teilweise gebessert. Das dritte Kind spricht auf Anakinra an, einem Antagonisten des Interleukin-1-Rezeptors. Auch Interleukin 1 gehört zu den Zytokinen, die aufgrund des Gendefekts in größerer Menge gebildet werden. Die Kinder wurden teilweise bereits vor Entdeckung des Gendefekts mit den Medikamenten behandelt. Die Entschlüsselung des Gendefekts erklärt, warum diese Mittel wirken können.

Erst vor wenigen Monaten hatte das gleiche Forscherteam in Nature Genetics (2016; 48: 67-73) einen ähnlichen Gendefekt beschrieben. In mehreren Familien war es zu einem dem Morbus Behçet ähnlichen Krankheitsbild mit Arthralgien, oralen und genitalen Ulzerationen und entzündlichen Veränderungen der Augen gekommen. Ursache waren Mutationen im Gen TNFAIP3, das ebenfalls Entzündungssignale über eine Deubiquitinase einschränkt. Der Ausfall dieser Bremse führte dann zu dem generellen Entzündungssyndrom. © rme/aerzteblatt.de

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