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Medizin

Globale Strategie für den ersten Dengue-Impfstoff

Freitag, 2. September 2016

/ Stephanie Hofschlaeger pixelio.de

London – Der erste zugelassene Dengue-Impfstoff Dengvaxia (CYD-TDV) kommt auf den Philippinen bereits zum Einsatz. Bis zum Juni 2017 sollen etwa eine Million Kinder im Alter von mindestens neun Jahren geimpft werden. Wie der neue Impfstoff global am besten eingesetzt werden könnte und wer davon profitiert, berichten Forscher im Fachjournal Science (2016; doi: 10.1126/science.aaf9590). Die empfohlene serolo­gische Vorab-Testung zur Risikominimierung schätzt die Gesellschaft für Virologie (GfV) jedoch auf Anfrage des Deutschen Ärzteblattes als eher unpraktikabel ein.

In Ihrer Publikation skizzieren die Autoren um Neil Ferguson vom MRC Centre for Outbreak Analysis and Modelling in London verschiedene Szenarien. Entschei­dungsträger der von Dengue-Fieber betroffenen Länder können sich daran orientieren, um die bestmögliche Strategie für ihre Bevölkerung auszuwählen.

Zahlen und Fakten
Die Anzahl dieser Länder hat in den letzten 50 Jahren zugenommen. Inzwischen breitet sich das von Moskitos übertragene Virus in 128 Ländern der Erde mit etwa 4 Milliarden Einwohnern aus.

Der tetravalente Impfstoff Dengvaxia führte in einer Phase-III-Studie bei Kindern ab dem neunten Lebensjahr zu einer Schutzrate von knapp 61 %. Je nach Dengue-Subtyp variierte die Wirkung jedoch stark zwischen 42 bis 78 %. Diese eher mittelmäßige Schutzwirkung sei aber nicht das Hauptproblem, erläutert Thomas Mertens, Präsident der GfV vom Uniklinikum Ulm. Diese bewege sich in vergleichbarer Größenordnung wie der Schutz der Influenza-Impfung. Impfstoffe sollten mittelfristig verbessert werden. „Das Hauptproblem besteht vielmehr darin, ob der Nutzen der Impfung das Risiko schwerer Krankheitsverläufe durch immune-enhancement deutlich genug überwiegt“, führt Mertens aus.

Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation:

Dengvaxia soll erst ab einer Seroprävalenz von 70 % verwendet werden. Zwischen 50 und 70 % ist es immer noch akzeptabel, nicht aber unter 50 %.

Wer profitiert am meisten?
Klinische Studien haben gezeigt, dass die Schutzwirkung dann am höchsten war, wenn schon ein seropositives Ergeb­nis für Dengue vorlag. Ein mathe­matisches Modell von Ferguson bestätigte zwei mögliche Varianten: Die Impfung verstärkte die Immunität von seropositiven Menschen oder sie erhöhte das Risiko von seronegativen Individuen, aufgrund einer Infektion zu erkranken. Seropostive Menschen hatten ein 90 % geringeres Risiko nach einer Dengue-Infektion stationär behandelt zu werden, als seronegative.

„In stark betroffenen Dengue-Endemiegebieten steigt die Seropositivität mit zunehmendem Alter rasch an und erreicht mehr als 90 %“, so Franz X. Heinz, Virologe an der Medizinischen Universität in Wien. Der Impfstoff ist nur für Personen zwischen 9 und 45 Jahren zugelassen, genau jene Personengruppe, die oft bereits eine Dengue-Virusinfektion durchgemacht hat und bei der die Impfung voraussichtlich den größten Nutzen hat.

„Serologische Tests in Endemiegebieten unpraktikabel“
Ein globaler Einsatz sollte dennoch bestimmten Regeln folgen. Die Autoren der Studie empfehlen, vor der Impfung einen serologischen Test durchzuführen. So könnten die stationären Fälle um 30 % minimiert werden. „Im Prinzip ist die Testung auf Dengue-spezifische Antikörper möglich, aber sehr aufwendig und teuer“, sind sich Heinz und Mertens einig. Das von den Autoren vorgeschlagene Vorgehen hält die GfV daher in vielen Endemiegebieten eher für unpraktikabel.

Die Massenimpfung auf den Philippinen stelle wohl auch ohne serologische Tests kein erhöhtes Risiko für schwere Erkrankungen dar: „Das Dengue-Virus ist auf den Philippinen hyperendemisch und entsprechend einer kürzlich veröffentlichten Studie sind 9-Jährige bereits zu etwa 80 % und 15-Jährige zu mehr als 90 % seropositiv“, erklärt Heinz. Das Vorgehen auf den Philippinen schätzt er daher als effektive Strategie ein.

Weitere Impfstoffe in der Pipeline
Es gibt derzeit keine weiteren zugelassenen Dengue-Impfstoffe. Ein Kandidat, ebenfalls ein Lebendimpfstoff, ist aber schon relativ weit fortgeschritten. Er befindet sich in der Phase III klinischer Prüfungen und wurde vom amerikanischen National Institutes of Allergy and Infectious Diseases entwickelt. „Die vorliegenden Daten sehen ganz gut aus“, kommentiert Heinz. Sie seien aber noch sehr limitiert und keineswegs mit der Fülle an Daten zu Dengvaxia vergleichbar. © gie/aerzteblatt.de

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