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Medizin

Zikaviren: Altes Mittel gegen Schnecken und Bandwürmer könnte wirken

Dienstag, 30. August 2016

Tallahassee - Ein Massen-Screening von mehr als 6.000 Molekülen hat drei Substanz­gruppen ermittelt, die gegen Zikaviren wirksam sein oder eine Schädigung von Nervenzellen verhindern könnten. Darunter war laut der Studie in Nature Medicine (2016; doi: 10.1038/nm.4184) ein seit den 50er Jahren eingesetztes Schneckenmittel, das derzeit von der Weltgesundheitsorganisation zur Behandlung von Bandwürmern – auch bei Schwangeren – empfohlen wird.

Angesichts der sich rasch ausbreitenden Zika-Epidemie ist Eile geboten. Für die Entwicklung von gezielt wirkenden Virostatika, die erfahrungsgemäß viele Jahre dauert, fehlt die Zeit. Das US-National Center for Advancing Translational Sciences hat deshalb ein Projekt von Forschern der Johns Hopkins Universität in Baltimore und der Universität von Florida in Tallahassee unterstützt, die innerhalb kurzer Zeit mehr als 6.000 Wirkstoffe gescreent haben.

Die Forscher haben einmal wie bei der Suche nach neuen Virostatika üblich untersucht, ob die Mittel den Tod von virusinfizierten Zellen verhindern können. Ein zweites Screening untersuchte, ob die Mittel einen Anstieg der Caspase 3-Aktivität in Nervenzellen verhindern. Das Team um Hengli Tang von der Florida State University in Tallahassee hatte nämlich in einer früheren Untersuchung festgestellt, dass der Tod von Nervenzellen im Gehirn der Feten auf den Anstieg der Caspase 3-Aktivität zurückzuführen war. Das Ziel der Forscher war ein Wirkstoff (oder mehrere), die sowohl die Virusreplikation hemmen, als auch das Nervensystem schützen.

Die Suche führte zur Entdeckung von drei Wirkstoffen. Das erste ist Emricasan. Das Mittel befindet sich als „Pan-Caspase“-Inhibitor derzeit in der klinischen Entwicklung zur Behandlung der Leberfibrose. Bei der Erkrankung kommt es zu einem zunehmenden Untergang von Leberzellen, den das Mittel bereits in niedrigsten Konzentrationen aufgehalten hat. Der Wirkstoff wird derzeit in zwei Phase 2-Studien untersucht. An diesen Studien nehmen allerdings keine schwangeren Frauen teil. Es ist deshalb nicht bekannt, ob der Wirkstoff für den Feten unbedenklich ist. Es ist nicht einmal bekannt, ob er die Plazentabarriere überwindet. Ein Einsatz von Emricasan bei mit dem Zikavirus initiierten Schwangeren käme deshalb derzeit nicht in Betracht.

Die zweite wirksame Substanz ist der CDK-Inhibitor PHA-690509 (Seliciclib). Er erzielte im Screening eine virusatische Wirkung, könnte also die Ausbreitung der Viren im Körper stoppen. Die Wirkung war allerdings begrenzt. Dass Seliciclib sich zur Behandlung von Schwangeren eignet, ist jedoch unwahrscheinlich. Seliciclib wird derzeit (neben einer Reihe anderer CDK-Inhibitoren) bei Krebspatienten untersucht. Zytostatika haben häufig eine teratogene Wirkung, wenn sie nicht gleich einen Abort auslösen. Ein Einsatz bei Schwangeren käme erst nach genauester Prüfung infrage. Die gleichen Einwände gelten gegen neun weitere CDK-Inhibitoren, die im Screening einen Zelltod durch Zikaviren verhindert hatten.  

Die dritte Substanz ist Niclosamid. Die Substanz wurde 1950 von Bayer als Molluskizid eingeführt, genauer zur Bekämpfung der Wasserschnecken, die die Bilharziose übertragen. Später stellte sich heraus, dass Niclosamid auch ein gutes Mittel gegen Bandwürmer ist. Es wird in dieser Indikation noch heute eingesetzt. Die Weltgesund­heitsorganisation empfiehlt Niclosamid auch während der Schwangerschaft, da es weder mutagen, noch teratogen, noch embryotoxisch sein soll. 

Niclosamid könnte deshalb im Prinzip zur Behandlung von Zikavirus-Infektionen eingesetzt werden. Ob es allerdings im gesamten Körper eine ähnlich gute Wirkung erzielt wie in den Screeningtests, lässt sich nicht vorhersagen. Die Arzneibehörden dürften auf die Durchführung von klinischen Studien bestehen, bevor sie den Einsatz erlauben. © rme/aerzteblatt.de

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