Medizin
Sexuelle Aktivität: Nach einem Herzinfarkt berichten vor allem Frauen über Funktionsstörungen
Donnerstag, 1. September 2016
Chicago – Nach einem Herzinfarkt leiden viele Menschen an sexuellen Funktionsstörungen. Mit ihrem Arzt darüber reden wollen die wenigsten. Dabei halten die meisten es für angemessen, wenn der Arzt mit ihnen über diese Thematik spricht. Im jungen Alter zwischen 18 und 55 Jahren sind vor allem Frauen davon betroffen. Zu diesem Ergebnis kommt eine prospektive Studie mit Probanden in den USA und Spanien, die in JAMA Cardiology (2016; doi: 10.1001/jamacardio.2016.2362) veröffentlicht wurde.
Jeder fünfte akute Myokardinfarkt ereignet sich bei jungen Menschen im Alter zwischen 18 und 55 Jahren. Ein Drittel der Betroffenen ist weiblich.
Erstautorin Stacy Tessler Lindau von der University of Chicago und ihre Kollegen untersuchten etwa 2.800 Patienten aus 103 Krankenhäusern in den USA und aus 24 spanischen Kliniken einen Monat nach dem Herzinfarkt und erneut nach einem Jahr. Nach einem Monat waren mehr Männer als Frauen, die zuvor über ein vorhandenes Sexualleben berichtet hatten, wieder sexuell aktiv (64 versus 55 %). Auch nach einem Jahr zeigte sich noch ein Genderunterschied zugunsten der Männer (94 versus 91 %). Frauen berichten ihrem Arzt zudem häufiger über Sexualfunktionsstörungen (60 versus 45 %).
Fast 90 % halten es für angemessen, sexuelle Probleme mit ihrem Arzt zu besprechen. Etwa 85 % geben an, dass sie sich bei einem solchen Gespräch nicht unwohl fühlen würden. Dennoch sprechen Frauen noch seltener als Männer mit ihrem Arzt darüber, was ihnen helfen könnte, wieder sexuell aktiv zu werden (27 versus 41 %).
zum Thema
- Abstract JAMA Cardiology 2016
- Sexual Activity and Counseling, Circulation 2014
- Guideline: Sexual Activity and Cardiovascular Disease - A Scientific Statement From the American Heart Association, Circulation 2012
- Sexual Function and Satisfaction Measures Version 2.0, Journal of Sexual Medicine 2015
- Female Sexual Function Index (FSFI)
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Als Ursache für die sexuelle Inaktivität gaben 40 % der Frauen ein mangelndes Interesse an sowie vaginale Trockenheit (22 %). An Interesse mangelte es hingegen nur 19 % der Männer. Etwas häufiger klagten sie über erektile Dysfunktionen (22 %). Zudem ergänzen die Autoren Stress und Diabetes als Indikatoren.
Empfehlungen nach einem akuten Myokardinfarkt
- das Liebesleben wie zuvor ohne Einschränkungen fortzusetzen
- Medikamente (vor allem Männer)
- beim Sex auf eine niedrige Herzfrequenz achten
- eine passivere Rolle beim Sex übernehmen
- seltener sexuell aktiv sein
- Entspannugstechniken
Diese Ratschläge geben Ärzte ihren Patienten
Ein Index für erektile Dysfunktionen und weibliche Sexualfunktionsstörungen (FSFI) zur Orientierung für Ärzte existiert bereits, heißt es im Kommentar zur Studie von Kevin P. Weinfurt von der Duke University School of Medicine in Durham. Welche Empfehlungen die Ärzte ihren Patienten in Sachen Sex nach einem Herzinfarkt gaben, haben die Autoren in ihrer Studie ebenfalls zusammengefasst (siehe Kasten). Sowohl in den USA als auch in Spanien erhielten die meisten den Rat, ihr Liebesleben wie zuvor ohne Einschränkungen fortzusetzen. Am häufigsten empfohlen dies spanische Ärzte Frauen, doppelt so häufig wie den Männern (78 versus 47 %). Der Ratschlag, beim Sex auf eine niedrige Herzfrequenz zu achten, wurde von spanischen Ärzten so gut wie gar nicht erteilt. Hingegen hielten diesen Hinweis etwa 14 % der amerikanischen Ärzte für sinnvoll.
© gie/aerzteblatt.de

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