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Medizin

Ebola: Sexuelle Übertragung nach 470 Tagen

Freitag, 2. September 2016

Ebola-Virus /dpa

Hamburg – Das Ebola-Virus kann im männlichen Hoden deutlich länger überleben als bislang angenommen. In Guinea hat ein Mann das Virus 470 Tage nach dem Beginn seiner eigenen Ebola-Erkrankung sexuell übertragen und dadurch im Frühjahr diesen Jahres einen kleinen Ausbruch ausgelöst. Laut dem Bericht in Clinical Infectious Diseases (2016; doi: 10.1093/cid/ciw601) war das Virus auch nach 531 Tagen noch im Ejakulat nachweisbar. 

Die Weltgesundheitsorganisation erklärte Guinea Ende 2015 für ebolafrei. Damals hatte es seit 42 Tagen, der doppelten Dauer der Inkubationszeit, keine neue Erkrankung mehr gegeben. Mitte März kam es dann erneut in N’Zérékoré, der zweitgrößten Stadt des Landes, überraschend zu einem erneuten Cluster. Innerhalb kurzer Zeit erkrankten zehn Personen, eine davon im Nachbarland Liberia. Acht Erkrankungen endeten tödlich. Danach konnte der Ausbruch gestoppt werden.

Da sich N’Zérékoré in der Nähe des Regenwaldes befindet, wurde der Ursprung in einem Wildtier-Reservoir vermutet. Die Sequenzierung der Viren, die im European Mobile Laboratory erfolgte, brachte die Forscher jedoch auf eine andere Fährte. Wie das Team um Sophie Duraffour vom Bernhard Nocht Institute für Tropenmedizin in Hamburg jetzt berichtet, zeigten die Gene eine auffällige Übereinstimmung mit Viren, die während der Epidemie im Jahr 2014 in Guinea aufgetreten waren.

In den anschließenden Nachforschungen wurde tatsächlich ein Überlebender der Ebola-Epidemie identifiziert, der mit dem Index-Fall des aktuellen Ausbruchs sexuellen Kontakt hatte. Im Ejakulat des Mannes wurden dann Ebola-Viren nachgewiesen. Seit dem Beginn seiner Erkrankung waren 470 Tage vergangen. Das bisher größte Intervall zwischen zwei Infektionen hatte 284 Tage betragen. Damals war die Erkrankung ebenfalls von einem Mann sexuell übertragen worden. Bei dem jetzigen Überträger wurden die Viren auch 531 Tage nach dem Beginn seiner Erkrankung noch nachgewiesen.

Es war bekannt, dass Ebola-Viren auch lange Zeit nach dem Abklingen der Erkrankung noch sexuell übertragen werden können. Die Hoden gelten als ein „immun-privilegiertes“ Organ, in dem die Viren vor dem Angriff der Abwehrzellen geschützt sind. Normaler­weise verlieren die Viren jedoch allmählich ihre Ansteckungsfähigkeit und ihre Pathogenität, da sich ihr Erbgut allmählich verändert.

Durch Mutationen kommt es zum Funktionsverlust von Proteinen, die für die Infektion benötigt werden, während die Fähigkeit zur Replikation in bereits infizierten Organismen erhalten bleibt.

Dass dies bei den isolierten Ebola-Viren nicht der Fall war, könnte mit einer unge­wöhnlich niedrigen Mutationsrate der Ebola-Viren bei dem Überträger zusammen­hängen. Sie war laut Duraffour sechsmal niedriger als die normale Mutationsrate bei Viren. Die Gründe konnten die Forscher nicht ermitteln. Der Fall zeigt, dass auch nach dem Ende der Ebola-Epidemie in Westafrika neue Ausbrüche nicht auszuschließen sind und eine erhöhte Surveillance erforderlich bleibt, um rasch auf erste Erkrankungen reagieren zu können. © rme/aerzteblatt.de

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