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Medizin

Lungenkrebs: Ganzhirnbestrahlung bei Hirnmetastasen ohne Vorteile

Montag, 5. September 2016

dpa

London – Eine Radiotherapie des gesamten Gehirns hat in einer randomisierten Studie weder die Überlebenszeit noch die Lebensqualität von Patienten mit Hirnmetastasen eines nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms (NSCLC) wesentlich verbessert. Eine rein symptomatische Behandlung ohne Bestrahlung könnte für die Patienten, die in der Regel nur noch wenige Wochen zu leben haben, laut der Publikation im Lancet (2016; doi: 10.1016/S0140-6736(16)30825-X) für die Patienten die bessere Entscheidung sein.

Das NSCLC ist die häufigste Lungenkrebsform und die häufigste Ursache für Hirnmetastasen überhaupt. Patienten mit einzelnen Metastasen wird heute eine stereotaktische Operation oder die gezielte Radiotherapie angeboten. Bei mehreren Metastasen ist jedoch eine Ganzhirnbestrahlung Standard, obwohl in fünf früheren Studien keine lebensverlängernde Wirkung nachgewiesen wurde. Die Behandlung wird deshalb primär angeboten, um die Lebensqualität in den letzten Lebenswochen zu verbessern. 

Die QUARTZ-Studie („Quality of Life after Treatment for Brain Metastases“) hat untersucht, ob die Ganzhirnbestrahlung dieses Ziel erreichen kann. An der Studie beteiligten sich 538 Patienten mit Hirnmetastasen, für die eine stereotaktische Operation oder eine gezielte Bestrahlung nicht mehr infrage kam. Alle Patienten erhielten an 69 Zentren in Großbritannien und drei in Australien eine optimale supportive Therapie mit Dexamethason. Der Hälfte der Patienten wurde eine zusätzliche Ganzhirnbestrahlung mit 20 Gray angeboten.

Wie erwartet, konnte die Radiotherapie die Überlebenszeiten der Patienten nicht wesentlich verlängern. Die durchschnittliche Überlebenszeit betrug 64,4 Tage gegenüber 59,5 Tagen nach alleiniger supportiver Behandlung. Der Unterschied war bei einer Hazard Ratio von 1,06 und einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,90 bis 1,26 nicht signifikant und wäre angesichts des zeitlichen Aufwands für die Radiotherapie von fünf bis acht Behandlungstagen auch von fraglicher klinischer Relevanz. 

Primärer Endpunkt der Studie war die Lebensqualität, die in QALY (quality-adjusted life-years) gemessen wurde. Zu diesem Zweck wurden die Patienten wöchentlich telefonisch interviewt. Der Zustand der Patienten war allerdings so schlecht, dass nach vier Wochen nur jeder vierte und nach 12 Wochen nur noch jeder fünfte Patient die Fragen beantworten konnte (sofern sie überhaupt noch am Leben waren). Im Ergebnis war auch der Gewinn an QALY mit 4,7 Tagen (41,7 Tage nach alleiniger supportiver Therapie und 46,4 Tage nach zusätzlicher Ganzhirnbestrahlung) gering und mit einem zweiseitigen 90-Prozent-Konfidenzintervall von minus 12,7 bis 3,3 Tagen nicht signifikant.

Diese Ergebnisse sprechen nach Ansicht von Studienleiterin Ruth Langley vom University College London bei den meisten Patienten für einen Verzicht auf eine Radiotherapie. Diese sei allenfalls für jüngere Patienten (Alter unter 60 Jahre) und gute Prognose-Parameter sinnvoll. In einer Subgruppen-Analyse wurde für diese Patienten ein leichter signifikanter Gewinn an Überlebenszeit gefunden. Diese Bedingungen treffen allerdings nur auf wenige Patienten zu. Ein Langzeitüberleben ist bei Patienten mit Lungenkrebs und Hirnmetastasen nicht zu erwarten. 

Die Ergebnisse bedeuten nicht zwangsläufig, dass die Strahlentherapie wirkungslos ist. Wie Cécile Le Péchoux vom Krebszentrum Gustave Roussy in Villejuif bei Paris im Editorial schreibt, vergehen jedoch in der Regel sechs Wochen bevor die maximale Wirkung einer Radiotherapie einsetzt. Die meisten Patienten der Studie waren zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben. Le Péchoux weist darauf hin, dass bei dem selteneren kleinzelligen Lungenkrebs eine prophylaktische Ganzhirnbestrahlung die Überlebenszeit verlängert. Die Ergebnisse der QUARTZ-Studie gelten deshalb nicht für alle Lungenkrebspatienten.

© rme/aerzteblatt.de

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