Medizin
Benralizumab bei schwerem Asthma wirksam, Lebrikizumab nicht
Dienstag, 6. September 2016
Winston-Salem/Vancouver - Der monoklonale Antikörper Benralizumab, der durch Bindung am Interleukin 5-Rezeptor den Untergang von eosinophilen Granulozyten herbeiführt, hat in zwei Phase 3-Studien im Lancet (2016; doi 10.1016/S0140-6736(16)31324-1 und 31322-8) mit schwerem eosinophilem Asthma bronchiale die Rate der Exazerbationen signifikant gesenkt. Der Antikörper Lebrikizumab, der an Interleukin 13 bindet, hat dagegen in einer randomisierten Studie in Lancet Respiratory Medicine (2016; doi: 10.1016/S2213-2600(16)30265-X) enttäuscht.
Bei etwa der Hälfte aller Asthma-Patienten kommt es zu einem starken Anstieg der eosinophilen Granulozyten. Dieser Phänotyp ist häufig mit einem schweren Verlauf der Erkrankung verbunden, da die Eosinophilen die allergische Entzündungsreaktion verstärken. Seit kurzem ist in Deutschland der Antikörper Mepolizumab zugelassen (in den USA ist außerdem noch Reslizumab zugelassen). Beide binden an dem Zytokin Interleukin 5, das die Eosinophilen aus dem Knochenmark rekrutiert.
Benralizumab hat einen etwas anderen Wirkungsansatz. Durch Bindung an den Rezeptor Interleukin 5 alpha kommt es zu einer Immunreaktion gegen die Eosinophilen und zur Apoptose. Die Folgen sind die gleichen. Es kommt zu einem Abfall der Eosinophilen, und es war deshalb zu erwarten, dass Benralizumab ähnlich wie Mepolizumab und Reslizumab Patienten mit eosinophilem Phänotyp vor Anfällen schützt. Dies konnte der Hersteller jetzt in zwei Phase 3-Studien zeigen, die vermutlich zur Zulassung des Präparats führen werden.
An der CALIMA Studie nahmen 728 Patienten mit schwerem Asthma und einer Eosinophilen-Konzentration im Blut von mindestens 300 Zellen pro Mikroliter teil, die unter einer Standardtherapie mit inhalativem Steroid und langwirksamen Beta2-Agonisten nur eine unzureichende Symptomkontrolle (zwei oder mehr Exazerbationen im Vorjahr) erreicht hatten. Sie wurden auf drei Gruppen randomisiert, in der sie zusätzlich zur Standardbehandlung über 56 Wochen entweder alle 4 Wochen mit 30mg Benralizumab oder alle 8 Wochen mit 30mg Benralizumab oder mit Placebo behandelt wurden.
Primärer Endpunkt war die Häufigkeit von schweren Exazerbationen im Verlauf der 56-wöchigen Behandlung. Wie das Team um Mark FitzGerald vom General Hospital in Vancouver berichtet, erzielte Benralizumab eine 28 bis 36-prozentige Reduktion der Exazerbationsrate im Vergleich zu Placebo: Unter der Behandlung ging die Zahl der jährlichen Exazerbationen von 2,8 auf 0,60 zurück.
Unter der Behandlung im achtwöchigen Behandlungsintervall wurde ein Rückgang von 2,8 auf 0,93 erzielt. Die Behandlung ging auch mit einer verbesserten Lungenfunktion einher. Ein signifikanter Rückgang im Gesamt-Asthma-Score wurde nur beim achtwöchigen Behandlungsintervall erreicht.
In der SIROCCO Studie wurden 1.209 Patienten in ähnlicher Weise auf drei Gruppen verteilt. Die Behandlungsdauer betrug hier 48 Wochen. Wie Eugene Bleecker von der Wake Forest School of Medicine in Winston-Salem/North Carolina und Mitarbeiter berichten, konnte die Exazerbationsrate unter der Therapie mit Benralizumab um 45 bis 51 Prozent gesenkt werden. Bei dem kurzen Therapieintervall alle vier Wochen kam es zu 0,73 Exazerbationen pro Jahr gegenüber 3,0 im Placebo-Arm. Beim längeren Therapieintervall von acht Wochen wurde ein Rückgang von 3,1 auf 1,33 pro Jahr erreicht.
Auch in dieser Studie kam es zu der paradoxen Beobachtung, dass sich die Vorteile im Asthma-Score und dieses Mal auch die Lungenfunktion nur unter dem längeren Therapieintervall signifikant verbesserten. Für den Editorialisten Mario Castro von der Washington University School of Medicine in St. Louis stellt sich deshalb die Frage, ob die Dosierungsintervalle im Verlauf der Therapie erweitert werden könnten.
Beide Gruppen beurteilen die Verträglichkeit positiv. Die Nebenwirkungsrate war in beiden Studien unter Benralizumab nicht höher als unter Placebo. Die häufigsten spezifischen Nebenwirkungen waren eine Verschlechterung des Asthmas sowie eine Nasopharyngitis. Der Hersteller will aufgrund der Ergebnisse der beiden Studien die Zulassung in den USA und in Europa beantragen.
Nicht so günstig verläuft derzeit die klinische Prüfung eines weiteren Antikörpers. Lebrikizumab bindet das Zytokin Interleukin 13, das an vielen Symptomen des Asthma bronchiale beteiligt ist. Die jetzt vorgestellten Ergebnisse der beiden Phase-3-Studien Lavolta I und II in Lancet Respiratory Medicine (2016; doi: 10.1016/S2213-2600(16)30265-X) zeigen jedoch, dass die Ausschaltung von Interleukin 13 die Asthmakontrolle nicht verbessert. Die monatlichen Injektionen von 37,5 mg oder 125 mg Lebrikizumab konnte die Zahl der Exazerbationen gegenüber Placebo nicht verringern. © rme/aerzteblatt.de

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