Politik
Kliniksimulator der Krankenkassen sorgt für Streit
Donnerstag, 8. September 2016
Berlin – Ein sogenannter Kliniksimulator, den der GKV-Spitzenverband heute vorgestellt hat, sorgt für Diskussionen. Der Simulator zeigt, wie weit es von den verschiedenen Orten Deutschlands zur jeweils nächstgelegenen Klinik mit den Basisabteilungen Chirurgie und Innere Medizin ist. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) kritisierte das Vorgehen des Spitzenverbandes scharf.
„Wir sind davon überzeugt, dass mehr Spezialisierung und der Abbau von für die Versorgung nicht benötigter Klinikkapazitäten Hand in Hand gehen müssen. Weil diese Diskussion über Neubau, Umwidmung oder Schließung eines Standortes nicht nur in den Planungsbehörden, sondern auch in den Kommunen geführt wird, findet sich unser Kliniksimulator ab heute für jedermann einsehbar im Internet“, sagte Wulf-Dietrich Leber, Abteilungsleiter Krankenhäuser des GKV-Spitzenverbandes.
Die Anwendung zeige, dass 99 Prozent der Bevölkerung innerhalb von 30 Minuten ein Krankenhaus der Grundversorgung erreiche. Die Hälfte der Menschen in Deutschland habe innerhalb dieses Radius zehn und mehr Kliniken zur Auswahl. Der Simulator greift dabei auf Fahrzeitberechnungen für private PKW zurück, wie sie auch die Navigationssysteme im Auto verwenden.
Die Krankenkassen-Auswertungen ergeben, dass sich bei der Mehrzahl der Krankenhäuser in Deutschland im Fall einer Schließung keine nennenswerte Verlängerung der Erreichbarkeit ergibt. Für Leber ist dies „ein klarer Hinweis darauf, dass nicht jede Klinik für die gute Versorgung der Menschen notwendig ist“. Umgekehrt zeige der Kliniksimulator aber auch, wo einzelne Kliniken für die Grundversorgung unverzichtbar seien.
Der GKV-Spitzenverband wies darauf hin, dass der Gesetzgeber mit dem Krankenhausstrukturgesetz einen sogenannten Strukturfonds in Höhe von 500 Millionen Euro geschaffen habe, um Standort- und Abteilungsschließungen zu fördern. „Wir wollen den Entscheidungsträgern vor Ort eine solide Grundlage für anstehende Standortentscheidungen geben“, sagte Leber.
„Wenn der GKV-Spitzenverband mit seinem ‚Krankenhaussimulator‘ glaubt, nachweisen zu können, wo und welches Krankenhaus nicht gebraucht wird, dann verstärkt das die Einschätzung der Versicherten und Patienten, dass die Vor-Ort-Bedürfnisse bei Krankenkassen nicht ausreichend berücksichtigt werden“, sagte der Hauptgeschäftsführers der DKG, Georg Baum.
Er bezeichnete den Simulator als „technisches Spielzeug“, das nicht mehr Informationen liefern könne, als vor Ort bekannt seien. „Wir sind zuversichtlich, dass die Krankenhausplanung und die seit Jahren in Gang befindliche Weiterentwicklung und Konsolidierung von Krankenhausstrukturen auch in Zukunft von Menschen mit persönlichem Einschätzungsvermögen und Verantwortung gemacht wird“, so der DKG-Hauptgeschäftsführer. © hil/aerzteblatt.de

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