Politik
„Im Großen und Ganzen ist die medizinische Versorgung gut aufgestellt“
Freitag, 9. September 2016
Die Charité – Universitätsmedizin Berlin übernimmt seit einem Jahr Verantwortung für die medizinische Basisversorgung in Notunterkünften. Dank der Aktion „Charité hilft“ haben Ärzte, Pflegekräfte und freiwillige Helfer im vergangenen Jahr mehr als 40.000 ankommende Flüchtlinge in Berlin versorgt.
Fünf Fragen an Joachim Seybold, stellvertretender ärztlicher Direktor der Charité – Universitätsmedizin Berlin.
DÄ: Wie ist die Versorgung der ankommenden Flüchtlinge im Augenblick organisiert?
Joachim Seybold: Neu ankommende Flüchtlinge erhalten im Ankunftszentrum in der Bundesallee durch die Charité – Universitätsmedizin Berlin eine Erstuntersuchung und die empfohlenen Schutzimpfungen. Zusätzlich bringt ein Shuttlebus Flüchtlinge, die vor März 2016 in Berlin ankamen, zu Impfungen in das Ankunftszentrum. Eine Flüchtlingsambulanz und eine psychiatrische Clearingstelle ergänzen die zentralen Angebote. In den großen Unterkünften findet eine medizinische Vor-Ort-Versorgung durch verschiedene Krankenhäuser, Vertragsärzte und Ehrenamtliche statt.
DÄ: Reichen die Ressourcen aus?
Seybold: Im Großen und Ganzen ist die medizinische Versorgung gut aufgestellt, allerdings gibt es noch einige Lücken, zum Beispiel medizinisch unbetreute Unterkünfte. Sprachmittler beziehungsweise muttersprachliche Ärzte sind auch in Berlin eine knappe Ressource. Daher ist weiterhin Bedarf für zentrale Anlaufstellen, wo mit guter Sprachmittlung Flüchtlinge mit komplexen somatischen oder seelischen Erkrankungen versorgt werden können.
DÄ: Mit welchen Erkrankungen/Problemen sind die Mitarbeiter konfrontiert?
Seybold: Anfangs kamen viele Flüchtlinge mit allgemeinärztlichen Problemen, wie unkomplizierte Infekte, Rücken-, Zahnschmerzen und Hautproblemen. Wir sehen jetzt zwar weniger, jedoch schwerere Erkrankungen, oft mit umfangreichen sozialmedizinischen Fragestellungen.
DÄ: Wie werden Flüchtlinge mit psychischen Traumata/psychiatrischen Problemen betreut?
Seybold: In unserer psychiatrischen Clearingstelle ermöglichen wir einen niedrigschwelligen Zugang für Erwachsene und Kinder, die eine sorgfältige Diagnostik, größtenteils von muttersprachlichen Psychiatern, erhalten. Anschließend leiten wir die Betroffenen in geeignete Therapieangebote weiter oder ermöglichen Kurzinterventionen in der Clearingstelle.
DÄ: Wie geht es weiter? Was geschieht zum Beispiel mit den Mitarbeitern, wenn die Flüchtlingszahlen zurückgehen?
Seybold: Alle Mitarbeiter von ‚Charité hilft‘ sind in der Charité angestellt und wir hoffen sehr, dass alle bei uns in der Charité bleiben wollen. Wir haben großen Respekt vor dem Engagement aller Mitarbeiter, eingeschlossen die vielen Freiwilligen zu Beginn unserer Arbeit. © hil/aerzteblatt.de

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