Politik
GKV-Spitzenverband: 2017 wird neue Ära in der Pflegeversicherung beginnen
Mittwoch, 14. September 2016
Berlin – Der GKV-Spitzenverband geht davon aus, dass die Umstellung auf den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff zum Beginn des kommenden Jahres gelingen wird. „Ich glaube, dieses Mammutprojekt ist sehr gut vorbereitet. Zum 1. Januar 2017 wird eine neue Ära in der Pflegeversicherung beginnen“, sagte der Vorstand des GKV-Spitzenverbandes, Gernot Kiefer, heute vor Journalisten in Berlin.
Mit dem Anfang dieses Jahres in Kraft getretenen Pflegestärkungsgesetz II hatte die Bundesregierung die Umstellung der drei Pflegestufen auf fünf Pflegegrade auf den Weg gebracht. Zudem wurde das Begutachtungsverfahren reformiert: Künftig werden die Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) den Grad der Selbstständigkeit anhand von sechs Kategorien bewerten. Auch die etwa 1,6 Millionen demenziell erkrankten Menschen in Deutschland werden dann gleichberechtigt berücksichtigt werden können. Im heute gebräuchlichen Begutachtungssystem ist das nicht adäquat möglich.
„Mit der Umstellung wird das System gerechter, denn künftig richtet sich die Leistungshöhe der Pflegeversicherung danach, was ein Pflegebedürftiger tatsächlich noch selber kann und was nicht“, erklärte Kiefer. „Alle Versicherten, die am 31. Dezember 2016 bereits Leistungen der Pflegeversicherung beziehen, werden am 1. Januar 2017 ohne neue Antragstellung und ohne erneute Begutachtung aus den bisherigen Pflegestufen in die neuen Pflegegrade übergeleitet.“ Niemand werde dabei schlechter gestellt. Ab Mitte Oktober bis Dezember würden sich die Pflegekassen bei jedem Einzelnen schriftlich melden und ihn über seinen künftigen Pflegegrad informieren.
Alltagskompetenzen spielen eine Rolle
Bei der Überleitung von den alten Pflegestufen zu den neuen Pflegegraden gilt der Grundsatz, dass Pflegebedürftige mit ausschließlich körperlichen Einschränkungen anstelle der bisherigen Pflegestufe den nächst höheren Pflegegrad erhalten. Pflegebedürftige, bei denen eine eingeschränkte Alltagskompetenz festgestellt wurde, werden zwei Pflegegrade höher eingestuft.
Nach Berechnungen des GKV-Spitzenverbandes werden im kommenden Jahr etwa 200.000 Personen zusätzlich einen Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung haben. Das Bundeministerium für Gesundheit gehe mittelfristig von bis zu 500.000 Personen aus, so Kiefer. Der Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes des GKV-Spitzenverbandes, Peter Pick, erklärte, dass sich der MDK personell auf die erwartete Mehrarbeit eingestellt habe.
Künftig werden die MDK-Mitarbeiter bei ihrer Begutachtung den Grad der Selbstständigkeit in sechs Bereichen messen und dabei Punkte verteilen. Bei der Addierung dieser Punkte werden die einzelnen Bereiche unterschiedlich gewichtet:
- Die Fähigkeit, sich selbst versorgen zu können, wird mit 40 Prozent gewichtet,
- die Bewältigung von krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen mit 20 Prozent,
- die kognitiven Fähigkeiten zum einen und die Verhaltensweisen und psychischen Problemlagen zum anderen werden zusammen mit 15 Prozent gewichtet,
- die Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakt ebenfalls mit 15 Prozent und
- die Mobilität mit 10 Prozent.
Die gewichteten Punkte werden schließlich addiert und einem der fünf Pflegegrade zugeordnet.
Derzeit würden die Pflegesätze für die etwa 13.000 stationären Pflegeeinrichtungen in Deutschland neu verhandelt, erklärte Kiefer. „Wir gehen davon aus, dass im Oktober vertragliche Regelungen für 90 Prozent der Einrichtung ausgehandelt sein werden. Nach dem, was wir bisher erkennen können, wird ab dem Jahr 2017 Geld für etwa zwei bis drei Vollzeitstellen in den Einrichtungen mehr zur Verfügung stehen. Hochgerechnet auf die 13.000 Einrichtungen könnten damit mehrere tausend zusätzliche Pflegekräfte eingestellt werden.“
Komplizierter sei es bei den ambulanten Pflegediensten, von denen es in Deutschland zwischen 11.000 und 12.000 gebe. „Die Pflegekassen müssen mit ihnen die Leistungskomplexe nach der Maßgabe der neuen Philosophie neu verhandeln“, sagte Kiefer. „Ich gehe davon aus, dass zum 1. Januar noch nicht alle Verhandlungen abgeschlossen sind.“ © fos/aerzteblatt.de

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