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Medizin

Studie: Elektroakupunktur hilft gegen Verstopfung

Donnerstag, 15. September 2016

Peking – Eine intensive Elektroakupunktur mit 28 Sitzungen innerhalb von acht Wochen hat in einer großen randomisierten Studie in den Annals of Internal Medicine (2016; doi: 10.7326/M15-3118) bei Patienten mit chronischer Obstipation die Zahl der wöchentlichen Stuhlentleerungen gesteigert und die Lebensqualität verbessert.

An der Studie, die die Chinesische Akademie für traditionelle chinesische Medizin in Peking organisiert hat, nahmen an 15 Kliniken des Landes insgesamt 1.075 Patienten teil. Alle erfüllten die Rom III-Kriterien der chronischen Obstipation: Sie hatten seit mindestens drei Monaten nur zweimal pro Woche oder noch seltener Stuhlgang gehabt, ohne dass dafür eine organische Ursache erkennbar war.

Zhishun Liu und Mitarbeiter randomisierten die Teilnehmer zu gleicher Anzahl auf zwei Gruppen. Beiden Gruppen wurde eine Akupunktur der Punkte Tianshu (ST25) und Fujie (SP14) am Abdomen und Shangjuxu (ST37) am Unterschenkel angeboten. Die Nadeln wurden dabei am Abdomen 3 bis 8 Zentimeter tief bis in die Muskelschicht einge­stochen. Auch am Unterschenkel wurde ein Muskel punktiert.

Nur bei der Hälfte der Patienten wurden die Nadeln allerdings an den von der traditi­onellen chinesischen Medizin geforderten Stellen gesetzt, in der Kontrollgruppe wurden Punkte etwas abseits der Meridiane gewählt. Ein zweiter Unterschied bestand daran, dass nur die echte Akupunktur durch elektrische Impulse unterstützt wurde. Bei der Scheinakupunktur blieb das Gerät ausgeschaltet. Vorgesehen waren 28 Sitzungen von jeweils 30 Minuten Dauer.

Primärer Endpunkt war die Zahl der kompletten Stuhlgänge pro Woche. Hier kam es unter der echten Akupunktur zu einer Zunahme um 1,76 komplette Stuhlgänge pro Woche gegenüber einer Zunahme von 0,87 Stuhlgänge pro Woche unter der Scheinakupunktur. Dies ergibt eine Differenz von 0,90 Stuhlgängen pro Woche, die aufgrund der großen Teilnehmerzahl mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,74 bis 1,10 zusätzlichen Stuhlgängen pro Woche signifikant war.

Der Effekt hielt über die Dauer der Behandlung an: Auch auch in den zwölf Wochen nach der Elektroakupunktur hatten die Teilnehmer 1,96 zusätzliche Stuhlgänge pro Woche mehr als vor der Behandlung. Nach der Scheinakupunktur waren es nur 0,89 zusätzliche Stuhlgänge pro Woche, was eine Differenz von 1,09 [0,94-1,31) ergibt.

In einem sekundären Endpunkt, dem Anteil der Patienten mit drei oder mehr wöchentlichen Stuhlgängen, waren die Vorteile etwas deutlicher. Dieses Ziel erreichten nach der Elektroakupunktur 31,3 Prozent und nach der Scheinakupunktur 12,1 Prozent der Patienten (in der Nachbeobachtungsphase sogar 37,7 versus 14,1 Prozent).

Die häufigeren Stuhlgänge verbesserten die Lebensqualität der Patienten. Im Frageboten (PAC-QOL (Patient Assessment of Constipation Quality of Life) bewerteten die Patienten die Wirkung der echten Elektroakupunktur besser als die der Scheinbehandlung. Die häufigsten Nebenwirkungen der Behandlung waren laut Liu Hämatome an der Einstichstelle, Schmerzen und Schlafstörungen. © rme/aerzteblatt.de

Kommentare

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Avatar #88255
doc.nemo
am Montag, 19. September 2016, 09:20

Ich teile die Skepsis meiner Vorredner

Ohne die ganze Studie zu kennen, ist es natürlich schwierig, eine Bewertung abzugeben, allerdings ist sie mir keine 32 Dollar wert.
Aus dem Abstract und dem Artikel stellen sich mir zwei Fragen:
1. War die Applikation von Strom für die Patienten spürbar? Wenn ja, war natürlich auch keine Verblindung der Patienten möglich.
2. Was wurde nun eigentlich getestet? Falsche Akupunkturstellen gegen echte Akupunkturstellen? Oder falsche Akupunkturstellen gegen echte mit Strom? Lag die vermeintliche Wirkung am Strom? Oder an den echten Akupunkturstellen? Oder an beidem? Warum wurde an den falschen Akupunkturstellen nicht auch mit Strom getestet? Und an den echten nicht ohne Strom? Fragen über Fragen, die auch weiterhin ungeklärt bleiben werden.
Avatar #79783
Practicus
am Sonntag, 18. September 2016, 22:10

Ach, Herr Schätzler

aus diesem Grund befasse ich mit den Ergebnissen solcher Studien nicht mehr, auch wenn diese aus unerfindlichen Gründen im DÄ Erwähnung finden- Sind halt unverblindete Studien, aber doch schön groß und toll ausgerechnet... Die DÄ-Redaktion sollte mal als Pflichtlektüre Ben Goldacres "Bad Science" zu lesen bekommen - vielleicht stellen die sich dann mal die richtgen Fragen, wenn sie so eine Studie sehen
Avatar #106067
dr.med.thomas.g.schaetzler
am Sonntag, 18. September 2016, 10:00

Meine Interpretation!

28 Arztkontakte nur wegen habitueller Obstipation innerhalb von 8 Wochen bedeuten auf ein Quartal bei unseren GKV-Patientinnen und Patienten hochgerechnet mindestens 42 (i.W zweiundvierzig!) Elektro-Akupunktur-Termine in gut 12 Wochen.

Wenn dann noch bei der Kontrollgruppe:
A) die Akupunktur-Punkte f a l s c h gewählt,
B) gar k e i n e Elektro-Anwendung stattfand,
müsste es doch mit dem Teufel zugegangen sein, wenn die Verum-Gruppe nicht eine häufiger erfolgreiche Darmentleerung zu Stande gebracht hätte als die Vergleichsgruppe der offensichtlich falsch Behandelten.

Zu allem Überfluss wird in der Publikation: "Acupuncture for Chronic Severe Functional Constipation: A Randomized, Controlled Trial" von Zhishun Liu et al. ebenso treuherzig wie einschränkend erklärt, dass man Akupunkteure nicht verblinden könnte ["Limitations: Longer-term follow-up was not assessed. Acupuncturists could not be blinded"].
Quelle: http://annals.org/article.aspx?articleid=2552074

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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