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Politik

Intrakranielle Stenose: G-BA beschließt Ausschluss von Stents

Donnerstag, 15. September 2016

/dpa

Berlin – Nach kontroversen Debatten hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) heute den Ausschluss des Einsatzes von Stents in der stationären Behandlung bei Pa­tienten mit intrakranieller Stenose beschlossen. Künftig dürfen diese Stens nur noch Pa­tientinnen und Patienten eingesetzt werden, die aufgrund einer hochgradigen intra­kra­niellen Stenose einen akuten Gefäßverschluss haben und bei denen alternative The­ra­pie­konzepte nicht in Betracht kommen oder versagen. Eine weitere Patienten­gruppe, für die die Stents noch erstattungsfähig bleiben sollen, sind die mit einer intrakraniellen Ste­no­se mit einem Stenosegrad von mindestens 70 Prozent, die nach einem stenose­be­ding­ten Infarkt trotz nachfolgender intensiver medikamentöser Therapie mindestens ei­nen weiteren Infarkt erlitten haben.

Diesem Beschluss vorausgegangen war eine intensive Debatte, die seit 2013 im G-BA geführt wird. Im Mai dieses Jahres war es zu einer denkwürdigen Sitzung gekommen: Mehr­fache Auszeiten und gegenseitige Blockade der Kassen auf der einen und der Deut­schen Krankenhausgesellschaft (DKG) auf der anderen Seite hatte die Sitzung am 19. Mai geprägt. Auf Vorschlag des Unparteiischen Vorsitzenden Josef Hecken wurde die Entscheidung noch einmal auf September vertagt.

Die drei Monate zusätzliche Beratungszeit haben offenbar eine Einigung zwischen Kassen und Leistungserbringern gebracht: „Nach Auswertung des aktuellen medizi­ni­schen Wissensstands muss das Indikationsspektrum für den Einsatz von Stents zur Be­handlung von Blutgefäßverengungen im Gehirn sehr stark eingeschränkt werden“, er­klär­te Harald Deisler, unparteiisches Mitglied im G-BA und Vorsitzender des Unter­aus­schusses Methodenbewertung in einer Mitteilung. „Die Ergebnisse randomi­sierter und kontrollierter Studien sprechen für ein Schadenspotenzial der Methode bei den unter­such­ten Patientengruppen, die einen breiten Einsatz im Rahmen der Sekundär­prä­ven­tion des Schlaganfalles gegenwärtig nicht rechtfertigen lassen“, so Deisler weiter.

Hecken zeigt sich „danbkar“
In der Sitzung hatte sich der G-BA-Vorsitzende Hecken bei allen Beteiligten ­– aber vor allem bei der DKG für ihr Einlenken – für diesen Beschluss bedankt. „Ich bin sehr sehr dankbar, dass das möglich war. Es zeigt, dass wir als Selbstverwaltung im Stande sind, auch unbequeme Entscheidungen zu treffen“, so Hecken in der Sitzung.

Auch Magnus von Stackelberg erklärte für den GKV-Spitzenverband: „Ich freue mich sehr, dass wir eine klare Entscheidung getroffen haben, es zeigt, dass die Selbst­ver­waltung handlungs­fähig ist.“ Er kritisierte allerdings die lange Verfahrensdauer. „Es macht mich doch sehr nachdenklich, dass es im Jahr 2011 eine kritische Studie gab, 2012 einen Beschluss der amerikanischen FDA, den wir jetzt 2016 ähnlich treffen.“ Er sehe in solchen Fällen auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in der Pflicht. „Außerdem frage ich mich, was nun mit privatversicherten Pa­tien­ten passiert“, so von Stackelberg weiter.

Die Vertreter der DKG äußerten sich in der heutigen Sitzung nicht mehr zum Sach­ver­halt. In der Sitzung im Mai hatten es die DKG-Vertreter als „Skandal“ bezeichnet, dass die Vertreter der Krankenkassen nicht der Expertise der medizinischen Fach­gesell­schaf­ten in dem speziellen Fall glauben.

Die Diskussion um die Stents hat in verschiedenen Organisationen der G-BA-Mitglieder eine Debatte über notwenige Stimm-Quoren bei Ausschluss von Leistungen in Gang ge­setzt. Denn ein Grund der gegenseitigen Blockade war, dass für einen Ausschluss von Leistungen der Gesetzgeber ein Quorum von neun der 13 Stimmen vorgesehen hat. Das kann aber nur erreicht werden, wenn bei strittigen Fragen eine Stimme auf Leistungs­er­bringer- oder Kassen-Seite in das „andere Lager“ wechselt.

Zu den Gesetzesänderungen im Rahmen des Versorgungsstrukturgesetzes gehörte, dass bei Leistungsausschlüssen neun statt bei anderen Entscheidungen sieben Stimmen für eine Mehrheit erreicht werden müssen. Der Gesetzgeber habe damit „in die bewährten Konfliktregelungsmechanismen der gemeinsamen Selbstverwaltung einge­griffen, obwohl sie gerade hier funktionieren müssen“, schreiben die drei unparteiischen G-BA-Vorsitzenden Hecken, Regina Klakow-Franck und Deisler in einer Mitteilung im Anschluss an die Sitzung. Kritische Entscheidungen seien nach ihrer Ansicht kaum mehr möglich.

„Das bedeutet in der Konsequenz, dass selbst mit den Stimmen einer Bank und den Stimmen aller drei unparteiischen Mitglieder ein Ausschluss nicht mehr beschlossen wer­den kann, denn es braucht mindestens eine Stimme der unmittelbar oder mittelbar be­troffenen Bank.“ Sie fordern die Politik auf, dieses „Sonderquorum“ „schnell zu über­den­ken“. Denn: „Man kann nicht auf der einen Seite von der Selbstverwaltung Ent­schei­dun­gen im Interesse des Patientenwohls auch in schwierigen Fällen verlangen und dann auf der anderen Seite die notwendigen Stimmenzahlen so hoch ansetzen, dass eine notfalls streitige Entscheidung gegen die Interessen einer Bank nicht durchsetzbar ist“, so die drei Unparteiischen. © bee/aerzteblatt.de

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