Politik
Medizinische Abschiebehemmnisse für Flüchtlinge haben Bestand
Montag, 19. September 2016
Berlin – Nach einer heftigen Diskussion wegen angeblicher Gefälligkeitsatteste für Flüchtlinge und medizinische Abschiebehemmnisse meidet das Bundesministerium des Inneren jetzt offenbar jegliche Festlegung auf konkrete Zahlen. „Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass bei tatsächlichem Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für ein Abschiebeverbot aus medizinischen Gründen eine Abschiebung nicht stattfinden darf, und dass eine Abschiebung nicht aus vorgeblichen medizinischen Gründen unterlassen werden soll, wenn solche Gründe in Wirklichkeit nicht vorliegen“, schreibt das Ministerium auf eine Kleine Anfrage der Fraktion „Die Linke“ im Bundestag. Es ist laut Ministerium „nicht möglich, hierzu Ziele in Form von Quoten zu formulieren.“
Im Juni hatten Äußerungen von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) für Irritationen gesorgt, wonach Ärzte in Deutschland zu großzügig Atteste für nicht anerkannte Asylbewerber ausstellten und so deren Abschiebung verhinderten. Es könne nicht sein, dass 70 Prozent der Männer unter 40 Jahren vor einer Abschiebung für krank und nicht transportfähig erklärt würden, „dagegen spricht jede Erfahrung“, erklärte de Maizière in der Rheinischen Post.
Das Bundesinnenministerium war anschließend zurückgerudert und hatte mitgeteilt, die genannten Zahlen stammten nicht aus einer offiziellen Statistik.
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„Dem Bundesminister des Innern wurde im Rahmen diverser Gespräche mit unterschiedlichen Gesprächspartnern über bestehende Vollzugshindernisse berichtet. In diesem Rahmen fielen unter anderem die genannten Zahlen“, erläuterte das Ministerium jetzt in der Antwort auf die Kleine Anfrage. Eine Überprüfung habe ergeben, dass die genannte Zahl – also die 70 Prozent – nicht auf einer statistischen Erhebung beruhe. Es seien aber Erfahrungswerte. „Diese ergeben ein Gesamtbild“, schreibt das Ministerium.
Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Frank Ulrich Montgomery, hatte die Kritik de Maizieres damals umgehend zurückgewiesen. „Ärztliche Gutachter in Abschiebeverfahren geraten immer wieder zwischen die Fronten“, erläuterte er. Mal werde ihnen vorgeworfen, sie erstellten Gefälligkeitsgutachten im Sinne der Asylbewerber. Dann wieder heiße es, sie seien Erfüllungsgehilfen staatlicher Stellen. „Solche Unterstellungen – egal aus welcher Richtung sie kommen – entbehren jeder Grundlage und bringen uns nicht weiter“, so der BÄK-Präsident. © hil/aerzteblatt.de

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