Politik
Biosimilars: Das Vertrauen steigt, der Informationsbedarf bleibt hoch
Donnerstag, 22. September 2016
Berlin – Das Einsparpotenzial von Biosimilars ist noch nicht ausgeschöpft. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die die Agentur Simon Kucher und Partners im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft (AG) Pro Biosimilars durchgeführt hat. Projektziel war es, den Einfluss von Biosimilars auf die Patientenversorgung zu erfassen. Zudem wurden Steuerungsinstrumente untersucht, die die Verordnung von Biosimilars fördern. Die Ergebnisse hat die AG gestern in Berlin vorgestellt.
Ein weiteres Fazit: Das Vertrauen der Ärzte in Biosimilars ist in den vergangenen zehn Jahren deutlich gestiegen. Das berichten die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) und Krankenkassen (KK), die im Rahmen der Studie befragt wurden (vier Repräsentaten der KVen, acht der KK und sechs der Mitgliedsunternehmen von Pro Biosimilar). Die klare Positionierung des Paul-Ehrlich-Instituts und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) habe maßgeblich zum zunehmende Vertrauen beigetragen, teilte Michael Dilger von Simon Kucher und Partners auf der Pressekonferenz mit. „Mit Verordnern haben wir im Rahmen der Studie nicht gesprochen“, sagte Barbara Mußmann, die Studienleiterin aus Bonn.
Das Einsparpotenzial sei aber noch nicht ausgereizt. Im Falle von Infliximab, ein monoklonaler Antikörper unter anderem gegen Rheumatoide Arthritis, konnte die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) bereits im Zeitraum ziwschen Januar 2015 und Juni 2016 etwa 13 Millionen Euro eingesparen. „Hätten alle KV-Regionen den Infliximab-Anteil erreicht, wie die Region mit dem höchsten Anteil, so wäre ein eingesparter Betrag von etwa 25 Millionen Euro möglich gewesen“, rechnete Dilger vor.
Das Verordnungsverhalten sei jedoch regional sehr unterschiedlich. Spitzenreiter ist die KV Westfalen-Lippe mit einem Verordnungsanteil von 47 Prozent. In Bremen verordnen hingegen nur zehn Prozent der Ärzte Biosimilars. Zwischen der Höhe der in den meisten KVen vorgegebenen Zielverordnungsanteilen für Biosimilars und dem realisierten Anteil konnte die Studie keine Korrelation ausmachen. Selbst bei den drei KVen (Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen) ohne Zielverordnungsanteile lagen die Anteile für Infliximab zwischen 14 und 31 Prozent.
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Bessere Verordnungsquoten erhofft sich die AG Pro Biosimilars durch Initiativen zwischen Kassen, KVen und Ärzten. Als Best-Practice Beispiel wurde unter anderem die Biolike-Initiative der Barmer GEK und der Pharmakotherapieworkshop der KV Nordrhein genannt. Gleichzeitig informieren die Kassen und KVen auch die Patienten. Die Techniker Krankenkasse habe beispielsweise ein Faktenbuch zur Rheumatherapie erstellt.
Weitere Einsparungen von etwa 1,6 Milliarden Euro erhoffen sich die Referenten, sobald die Patente von Humira, Lucentis und Avastin ablaufen. Die wissenschaftliche Debatte über die Qualität ist laut dem Vorsitzenden der AG Biosimilars Andreas Eberhorn abgeschlossen. „Biosimilars sind den Erstanbieterpräparaten in Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit absolut gleichwertig.“ Dies bestätige auch die Zulassung der Europäischen Arzneimittel Agentur (EMA).
/youtube, AG Pro Biosimilars © gie/aerzteblatt.de

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