Politik
BVA-Jahresbericht: Mehr Versichertenbeschwerden, Kasse übt Selbstkritik
Dienstag, 20. September 2016
München – Deutlich mehr Beschwerden, Verbesserungen nur unter Druck – der gestern veröffentlichte Jahresbericht des Bundesversicherungsamtes (BVA) fällt aus Sicht der Siemens-Betriebskrankenkasse SBK „besorgniserregend“ aus. Die Kasse plädiert angesichts der gerade veröffentlichten Zahlen für eine stärkere Qualitätsausrichtung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Politik und Verwaltung seien aufgefordert, „den Versicherten in den Mittelpunkt der gemeinsamen Bestrebungen zu rücken“, schreibt die Krankenkasse in einer Mitteilung.
Laut BVA-Report ist die Unzufriedenheit der GKV-Kunden mit ihren Krankenkassen stark gestiegen. Die Zahl der Beschwerden, die bei der Behörde 2015 eingingen, wuchs gegenüber dem Vorjahr um 22 Prozent. Über die Pflegekassen lagen sogar 58 Prozent mehr Beschwerden vor. „Diese Zahlen sind alarmierend und zeigen deutliche Qualitätsmängel in der GKV auf“, sagte Hans Unterhuber, Vorstandsvorsitzender der SBK. „Wenn sich jeder fünfte über seine Krankenkasse beschwert – bei der Pflegekasse sogar jeder dritte – dann müssen wir handeln: Wir müssen uns wieder auf die Bedürfnisse der Kunden rückbesinnen.“
Wie das BVA schreibt, konnten die meisten Beschwerdeverfahren „unproblematisch“ im Sinne einer veränderten Versorgung abgeschlossen werden. „Das bedeutet: Viele Kunden bekommen ihr Recht erst, wenn sie eine offizielle Beschwerde einlegen. Das stellt uns Kassen kein gutes Zeugnis aus“, so Unterhuber. Dringend müssten die Krankenkassen die Qualität ihrer Dienstleistung verbessern. Der Versicherte sei nicht Bittsteller, sondern Kunde.
Ein Großteil der Versichertenbeschwerden betraf 2015 laut BVA die Versorgung mit Inkontinenz-Hilfsmitteln. Aufgrund des öffentlichen Drucks hat sich der Gesetzgeber mittlerweile des Themas angenommen. „Es ist traurig, dass es erst so viele Beschwerden braucht, damit Akteure in Politik und Verwaltung auf die Probleme der Versicherten reagieren und genauer hinsehen“, kommentierte Unterhuber.
Krankenkassen könnten ihre Gestaltungsspielräume nutzen, um aktiv zum Wohle ihrer Versicherten zu arbeiten. In der Hilfsmittelversorgung könnten sie beispielsweise durch ihre Vertragspolitik die Produktqualität gezielt steuern. Er verwies darauf, dass die SBK schon vor Jahren durch ihre Vertragspolitik verbindliche Qualitätsstandards im Hilfsmittelbereich festgelegt habe, die der Gesetzgeber jetzt für allgemeingültig erkläre.
Der SBK-Vorstand fordert die Verantwortlichen in der GKV auf, gemeinsam umzudenken: Es müsse um Qualität in der Dienstleistung, um Beratung und echte Hilfe in konkreten Situationen gehen. „Wir brauchen eine mutige Diskussion über Qualitätsstandards in der GKV.“ Gefragt sei auch die Politik: „Es ist Aufgabe der Politik, nicht nur die Beitragssätze der einzelnen Kassen transparent zu machen – sondern auch die Kundenzufriedenheit. Verbraucherschutz heißt, die Dienstleistungsqualität aus Sicht der Versicherten zu vergleichen“, so Unterhuber.
Um Transparenz für Kunden gerade in Qualitätsfragen herzustellen, schlägt Unterhuber vor, mehr Daten zur Kundenzufriedenheit zu erheben und zu veröffentlichen. Die SBK selbst will demnächst als erste gesetzliche Krankenkasse Zahlen zu Beschwerden und Widerspruchsverfahren öffentlich machen. © EB/aerzteblatt.de

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