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Medizin

Prostatakrebs: Studie sieht kein erhöhtes Risiko nach Vasektomie

Dienstag, 20. September 2016

Atlanta – Eine Sterilisation durch Vasektomie erhöht für Männer nicht das Risiko, Jahrzehnte später an einem Prostatakarzinom zu sterben. Zu diesem Ergebnis kommt die bisher größte Studie zu dieser häufigen Fragestellung im Journal of Clinical Oncology (2016; doi: 10.1200/JCO.2015.66.2361).

Die Vasektomie ist eine sichere und deshalb populäre Methode zur Empfängnis­verhütung. In den USA lassen sich jedes Jahr zwischen 175.000 bis 354.000 Männer die Samenleiter durchtrennen. Der Eingriff ist schnell erledigt und in der Regel kompli­kations­frei. Die Frage, welche langfristigen Folgen das „Einsperren“ der Spermien haben könnte, bewegt Epidemiologen seit längerem.

Zunächst wurde vermutet, dass die Vasektomie das Hodenkrebsrisiko erhöht. Eine Fall-Kontrollstudie fand tatsächlich eine deutlich erhöhte Erkrankungsrate. Merkwürdiger­weise war sie auf Männer katholischen Glaubens beschränkt (Am J Epidemiology 1988; 128: 56-63), die nach Vasektomie achtmal häufiger an Hodenkrebs erkrankten. Da der Glaube zwar Berge versetzen man, aber keinen Krebs auslöst, musste es einen anderen Grund geben.

Epidemiologen vermuten heute, dass katholische Männer den Hodenkrebs vielleicht als göttliche Strafe interpretierten und sich häufiger an die Sünde, sprich Vasektomie erinnerten als die nicht erkrankten Katholiken, die den Eingriff vielleicht aus Scham aus dem Gedächtnis verdrängt hatten oder sich im Fragebogen lieber nicht offenbaren wollten. Spätere Studien konnten die Assoziation nicht bestätigen. Seit der UK Testicular Cancer Study Group von 1994 ist der Verdacht vom Tisch (BMJ 1994; 308: 1393-9).

Inzwischen wurde allerdings die Vermutung aufgestellt, dass die Vasektomie vielleicht das Prostatakrebsrisiko erhöht. Eine plausible Erklärung gibt es nicht, und da zwischen Vasektomie und Krebs in der Regel mindestens 20 bis 30 Jahre liegen, ist eine Kausalität auch biologisch zweifelhaft. Nichtsdestotrotz fanden einige Studien ein Signal. Zuletzt sorgte eine Analyse der Health Professionals Follow-up Studie für Aufsehen. Von den 49.405 Teilnehmern waren nach median 24 Jahren 6.023 am Prostatakrebs erkrankt und 811 daran gestorben. Lorelei Mucci von der Harvard School of Public Health in Boston ermittelte einen signifikanten Anstieg um 10 Prozent, das Sterberisiko war um 19 Prozent erhöht (Journal of Clinical Oncology 2014; doi: 10.1200/JCO.2013.54.8446).

Die jetzt von Eric Jacobs von der American Cancer Society in Atlanta durchgeführte Analyse der Cancer Prevention Study II (CPS-II) kann diese Zahlen nicht bestätigen. Die Studie ist mit 363.000 Männern deutlich größer als die Health Professionals Follow-up Studie. Und auch die Zahl der Teilnehmer, die im Verlauf von 30 Jahren am Prostata­krebs starben, ist mit 7.400 deutlich höher. Das Risiko von vasektomierten Männern war in dieser Kohorte nicht erhöht. Jacobs ermittelt eine Hazard Ratio von 1,01 mit einem engen 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,93 bis 1,10. Dies stellt relativ sicher, dass ein größeres Risiko nicht übersehen wurde. 

Auch die separate Analyse von 66.542 Männern der CPS-II Nutrition Cohort, einer Subgruppe der CPS-II Kohorte, von denen 9.133 am Prostatakrebs erkrankten, findet kein erhöhtes Risiko. Die Hazard Ratio betrug 1,02 (0,96- 1,08). Aggressive „high-grade“-Tumore (Gleason Score 8 oder höher) wurden bei den vasektomierten Männern sogar tendenziell seltener diagnostiziert (Hazard Ratio 0,91; 0,78-1,07). Jacobs hofft, dass die Diskussion über ein erhöhtes Krebsrisiko jetzt endgültig abgeschlossen ist. Männer sollten sich keine Sorgen machen, dass die Vasektomie langfristig ihrer Gesundheit schade. Dafür gibt es aus Sicht des Epidemiologen keinen Grund. © rme/aerzteblatt.de

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