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Medizin

Deutsches Mammo­graphie-Screening: Studie sieht ersten Rückgang fortgeschrittener Tumorstadien

Dienstag, 20. September 2016

dpa

Münster – Nach der Einführung des Mammographie-Screenings ist es im Raum Münster zunächst zu dem erwarteten Anstieg der Diagnosen von Tumoren im Frühstadium gekommen. Inzwischen zeichnet sich jedoch in den Altersgruppen, die am Screening teilgenommen haben, ein Rückgang der fortgeschrittenen Krebserkrankungen ab, wie eine Auswertung des Krebsregisters Nordrhein-Westfalen in Cancer Epidemiology (2016; 44: 44-51) ergab. Die Kooperationsgemeinschaft Mammographie sieht darin einen Hinweis für die Effektivität des Screenings.

Das Ziel des Mammographie-Screenings ist die Diagnose des Brustkrebs in einem frühen Stadium, in dem der Tumor durch  brusterhaltende Operation (und anschließender Radiotherapie) geheilt werden kann. Dies sind Tumore mit einer Ausdehnung von weniger als 20 Millimeter, die die Lymphknoten noch nicht befallen haben (Stadium UICC 1).

Zu Beginn eines Screenings steigt die Zahl der Frühdiagnosen, da Tumore entdeckt werden, die ohne Screening erst in einigen Jahren aufgefallen wären. Später sollte es zu einem Rückgang der Diagnosen im Spätstadium kommen (UICC 2 oder höher). Es ist jedoch auch möglich, dass im Screening Tumore entdeckt werden, die nie symptomatisch werden. Diese Möglichkeit der Überdiagnose wird derzeit kontrovers diskutiert. Im Extremfall würde die Rate fortgeschrittener Stadien langfristig unverändert hoch bleiben. Ein Screening wäre dann ineffektiv. Im schlimmsten Fall würde es mehr schaden als nutzen. 

Seit der Einführung des Mammographie-Screenings in Deutschland suchen Epidemio­logen deshalb nach Signalen, die auf einen Rückgang der Spätdiagnosen hindeuten. Ein Team um Hans-Werner Hense von der Universität Münster hat hierzu die Daten des epidemiologischen Krebsregisters Nordrhein-Westfalen für den Raum Münster ausge­wertet. Dort sind zwischen 2000 und 2013 13.874 Frauen an einem invasiven Brustkrebs erkrankt.

Die zeitlichen Trends zeigen, dass nach dem Beginn des Screenings, der in Münster ab Ende 2005 erfolgte (ab Ende 2008 flächendeckend), die Zahl der Frühdiagnosen zunahm. Diese Zunahme war erwartet worden, und sie war auf die Altersgruppen zwischen 50 und 69 Jahren beschränkt, die alle zwei Jahre eine Einladung zum Screening erhalten – die jedoch nur etwa die Hälfte der Frauen annimmt. 

Der Anstieg der Frühdiagnosen hielt bis 2009 an. Danach bildete sich ein Plateau. Auch dies entspricht den Erwartungen, da auch in Zukunft Frauen an Brustkrebs erkranken und diese durch das Screening in einem frühen Stadium entdeckt werden. Gleichzeitig sollte jedoch die Rate der Spätdiagnosen sinken.

Hierfür haben die Forscher jetzt erste Hinweise gefunden. Nach einem Anstieg der Spätdiagnosen in den Jahren 2006 bis 2008 (das Screening entdeckt auch Tumore im Spätstadium) ist es Hense zufolge zu einem Abfall der Spätdiagnosen gekommen. Dieser Rückgang war auf die Altersgruppen zwischen 55 und 69 Jahre beschränkt, also genau auf jene Frauen, die zum Screening eingeladen werden.

Die Kooperationsgemeinschaft Mammographie sieht in der Studie einen ersten Hinweis für die Effektivität des Mammographie-Screenings in Deutschland. Durch das Screening-Programm würden Tumore rechtzeitig im Frühstadium abgefischt, bevor sie aggressivere Formen annehmen können, heißt es in einer Pressemitteilung. Hense räumt allerdings ein, dass die Evidenz seiner Untersuchung begrenzt ist. Letztlich sei es nur eine „ökologische“ Studie mit geringer Beweiskraft, auch wenn die Ergebnisse plausibel auf eine Effektivität des Screenings hinweisen. Der Begriff „ökologisch“ bezieht sich auf die ursprüngliche Bedeutung, die Wechselbeziehungen zwischen Organismen und ihrer Umwelt beschreibt.

Kritiker dürfen darauf hinweisen, dass die Rate der fortgeschrittenen Stadien bisher lediglich auf das Niveau vor dem Beginn des Screenings gefallen ist und nicht darunter. Ein bundesweiter Abfall der Brustkrebssterblichkeit ist anders als beim Darmkrebs derzeit noch nicht erkennbar. Der Nachweis wird schwerer zu erbringen sein als beim Darmkrebs, weil die Behandlungsergebnisse des Mammakarzinoms relativ gut sind. Im Jahr 2012 standen 69.550 Diagnosen insgesamt 17.748 Todesfällen gegenüber. Insgesamt überleben drei von vier Frauen einen Brustkrebs. Im Frühstadium sind es allerdings mehr als neun von zehn Frauen. © rme/aerzteblatt.de

Kommentare

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Avatar #697854
Dr.Bayerl
am Sonntag, 25. September 2016, 18:22

Bravo Tu-Zentrum Münster

was im Ausland schon nachgewiesen ist, werden wir doch wohl auch schaffen.
Nur Mut, den gesunden Menschenverstand zu benutzen.
Selbstverständlich hängt die Prognose vom Stadium des Tumors bei Behandlungsbeginn ab.
Ohne Metastasen günstiger;
mit Metastasen ungünstiger.
So furchtbar schwer ist das doch nicht,
außer für Bertelsmann und C. natürlich.
LNS

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