Medizin
Kolorektale Erkrankungen: Immunologische Tests oder Darmspiegelung?
Donnerstag, 29. September 2016
Utrecht – Studien aus den Niederlanden zeigen, dass bei 60 bis 80 Prozent der Verdachtsfälle keine kolorektalen Erkrankungen vorliegen. Um den Patienten mit negativer Diagnose eine Koloskopie zur ersparen, testeten Forscher vom Julius Centre for Health Sciences and Primary Care an der University Medical Center in Utrecht die Sensitivität von fäkal immunchemischen Tests (FIT) und erreichten 93,0 Prozent. Ein zusätzlicher Test für das Protein Calprotectin (POC) verbesserte die Sensitivität minimal auf 93,7 Prozent. Die Ergebnisse wurden im BMC Medicine (2016; doi: 10.1186/s12916-016-0684-5) publiziert. Alexander Meining von der Klinik für Innere Medizin I an der Universität Ulm hält dennoch an der Koloskopie als Mittel der Wahl fest.
Blut im Stuhl, dauerhaft veränderte Stuhlgewohnheiten oder wiederholte stärkere Bauchschmerzen können auf eine kolorektale Erkrankung hinweisen. Diese Symptome sollte ein Arzt untersuchen. Statt einer Koloskopie kann man in Deutschland im Alter von 50 bis 55 jährlich auch einen Schnelltest auf Blut im Stuhl durchführen, den sogenannten guajakbasierten fäkalen Okkultbluttest (gFOBT). Wegen der geringen Sensitivität und Spezifität rät der Gastroenterologe Meining davon jedoch eher ab.
Neuere immunologische Tests nutzen eine andere Methode. Die sogenannten immunologischen fäkalen Okkultbluttests (iFOBT), manchmal auch als fäkale immunchemische Tests (FIT) bezeichnet, zeigen Blut im Stuhl zuverlässiger an. „Sie bedürfen allerdings noch einer Qualitätsprüfung, da nicht alle FIT eine Spezifität über 90 Prozent haben“, so der Leiter der Endoskopie. Falsch positive aber auch negative Ergebnisse seien noch zu häufig. Die Krankenkassen bieten immunologische Stuhltests daher momentan nur als Kulanz- oder auf Patientenkosten an, schreibt das Deutsche Krebsforschungszentrum auf seiner Website.
Die Forscher aus Utrecht konnten gute Ergebnisse für FIT erzielen. Dafür nutzten sie die Daten der CEDAR-Studie. Sie untersucht 810 Patienten mit Verdacht auf kolorektale Erkrankungen in der Primärversorgung in den Niederlanden. Bevor die Ärzte eine Endoskopie durchführten, prüften sie Stuhlproben der Patienten. Bei jedem dritten Probanden mit Verdacht auf eine Darmerkrankung hätte ein vorab durchgeführter FIT den Patienten die Koloskopie erspart. Im Rahmen der Studie führten die Forscher um Sjoerd Elias auch einen zusätzlichen Stuhltest für das Protein Calprotectin durch. Diese Untersuchung verbesserte die Diagnosegenauigkeit jedoch nur geringfügig.
zum Thema
- BMC Medicine 2016
- Darmkrebs: Früherkennung mit Stuhltest und Darmspiegelung, Krebsinformationsdienst
Deutsches Ärzteblatt print
- Klug entscheiden: . . . in der Gastroenterologie
- Gemeinsamer Bundesausschuss: Neue Regeln für Darmkrebs-Test
aerzteblatt.de
Zwar empfinden Patienten eine Darmspiegelung zur Diagnose von Darmkrebs oder Adenomen vor allem in der Vorbereitung als unangenehm, berichtete Meining auf einer Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS) in Berlin. „Trotzdem gilt die Koloskopie weiterhin als sensitivstes Diagnosemittel. Auch für Patienten mit Morbus Crohn kann ich keine Alternative empfehlen. Denn gerade bei diesen Patienten müssen wir sehr auf die nur endoskopisch sichtbaren Schleimhautveränderungen vor und unter Therapie achten“, sagte Meining.
Die Mehrheit aller Koloskopien würde in Deutschland zum Darmkrebsscreening durchgeführt. „Hier spielt der FIT zwar eine Rolle, er stellt jedoch eher ein niedrigschwelliges Angebot hinter der Vorsorgekoloskopie dar. Durch diesen Test mag sich daher die Bereitschaft, am Darmkrebsscreening teilzunehmen, erhöhen; die Zahl der Koloskopien wird aber nicht reduziert“, so der Experte der DGVS.
Nur 23 Prozent der Bevölkerung nehmen im Alter ab 55 Jahren wie empfohlen an einer endoskopischen Untersuchung des Darms teil. Ist das Ergebnis unauffällig, kann man die Untersuchung nach frühestens zehn Jahren noch einmal in Anspruch nehmen. Aber auch ein Stuhltest auf nicht sichtbares Blut gehört zum gesetzlichen Früherkennungsprogramm in Deutschland. Hingegen ist die Austastung des Enddarms nicht mehr Teil des gesetzlichen Programms zur Früherkennung von Darmkrebs. Viele Ärzte führen sie aber weiterhin durch. © gie/aerzteblatt.de

Nachrichten zum Thema


Kommentare
Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.